Wer noch eine „Köalstiel Post“ möchte, sollte sich beeilen. Von den gedruckten 500 Exemplaren der Jubiläumsausgabe zu „700 Jahre Neuendorf“ sind weit über die Hälfte bereits verkauft. Auf 24 Seiten gibt es einen Rundumschlag über die Geschichte des Dorfes.
Die Chefredaktion bestand aus drei Leuten, wie Johanna Appel berichtet. Neben ihr, die erst im Januar zum Team gestoßen ist, waren das Marco Pintar und Manuel Rauch. „Also das war keine One-Woman-Show“, stellt die 34-Jährige klar. Viele Artikel hätten schon vorgelegen, als sie zum Team kam. Man habe dann überlegt, was fehlt, welche Lücken zur Dorfgeschichte noch geschlossen werden sollten.
Porträts und Interviews
Als „Glücksgriff und Goldschatz“ nennt sie dabei die Arbeit von Martina Imhof, die Jahre zuvor Porträts mit betagten Personen des Ortes führte. „Und die leben heute alle nicht mehr“, sagt Johanna Appel. Auch Gabi Nätscher habe eigens für die Jubiläumsausgabe noch Interviews geführt.
Mit den Artikeln habe das Team dann festgelegt, welche Ressorts es geben soll. Welche Geschichte zu welcher Geschichte thematisch passt. Und am Ende natürlich, welchen Platz der jeweilige Text einnehmen darf. Ihre Bilanz sieht dabei sehr positiv aus. „Es hat Spaß gemacht, das Team hat funktioniert und man sieht ein Ergebnis“, so Johanna Appel.
Das Ergebnis ist in der Tat beachtlich. Los geht es mit der Titelgeschichte natürlich im Jahr 1325. Wenngleich am Kommersabend Kreisheimatpfleger Theodor Ruf den Ortsteil Nantenbach bereits auf 1258 datieren konnte. Und die Geschichte, die vermutlich mit dem Kloster Schönrain um 1100 beginnt, noch ein wenig älter ist. Im Innern der Jubiläumszeitung nehmen Politik und Wirtschaft die ersten Seiten ein. Neben vielen Daten und Zahlen sind dabei kuriose, zeitgenössische Meldungen zu lesen. So heißt es aus dem Jahr 1772, dass fremde Bettler mit Stockschlägen aus dem Dorf zu treiben sind. Einheimische dürften nur montags und donnerstags betteln.
In den Wirts- und Privathäusern dürfe während des Gottesdienstes nicht gespielt werden. Kreativ war der katholische Klerus bereits im Jahr 1608, wenn es darum ging, das Gotteshaus zu füllen: „Sämtlicher Kirchenbesuch wird kontrolliert. 1 Gulden Strafe, wer in die protestantische Kirche geht und ein halber Gulden Strafe, wer unentschuldigt der Kirche fernbleibt“, heißt es dort. Es war also damals für Katholiken billiger, zu Hause zu bleiben, als die evangelische Messe zu besuchen.
Als ein „Segen für den Ort“ wird der Aufstieg der Ziegelei Albert in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts beschrieben. Sie entwickelte sich mit einer kurzen Pause während des Zweiten Weltkriegs weiter, bis 1975 der Produktionsstart von Fördertechnikgeräten als Firma Seith startete - noch heute ein wichtiger Arbeitgeber in Neuendorf.
Interessant sind die Antworten von Neuendorfern, warum sie gerne in ihrem Heimatort leben. Genannt werden die gute Dorfgemeinschaft, die Natur, Familien und Freunde, die Vereine oder auch Nicks Dorfschänke.
Das Lokale findet sich in einem eigenen Ressort, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber mit Blick auf Details. Beschrieben wird beispielsweise die Geschichte von Norbert Bohatsch, der 1946 als Flüchtling in Neuendorf ankam. Außerdem heißt es, Armin Ries sei 1984 mit einer Urkunde als nettester von 201 Postboten ausgezeichnet worden und 1991 die Schranke am Bahnübergang mit dem Ausbau der Ortsumgehung in Neuendorf gefallen.
Viel zu entdecken
Garniert ist die Jubiläumsausgabe mit vielen zeitgenössischen Aufnahmen rund um das Dorf. In jedem Fall lohnt sich auch der zweite oder dritte Blick in das Blatt, da es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt.