Großes ehrenamtliches Engagement und eine starke Identifikation mit der Idee der offenen Kinder- und Jugendarbeit bilden seit den 1970er-Jahren das Fundament des Lohrer Jugendzentrums. Das Juze entstand aus dem Gefühl eines Mangels heraus: Den jungen Lohrern fehlte damals sowohl ein Treffpunkt als auch ein Raum für Jugendveranstaltungen. Mit viel Kampfgeist, Durchhaltevermögen und Eigeninitiative erreichten sie schließlich gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt ihr Ziel: Seit 1979 gibt es in Lohr eine Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen können.
Der Mangel an Ehrenamtlichen, die sich im Vereinsvorstand für das Jugendzentrum einsetzen, könnte nun den Tod der Einrichtung bedeuten. Denn im Gegensatz zu vielen Jugendtreffs anderswo gehört das Juze in Lohr nicht der Stadt, sondern wird vom Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (Awo) getragen.
Rund 200 Mitglieder
Aktuell ist Heinz Schwaiger kommissarischer Vorsitzender der Lohrer Awo, die rund 200 Mitglieder hat. Wohl kein anderer steht dem Juze so nahe wie der 73-Jährige. In seiner Jugend kämpfte er für dessen Aufbau. Er arbeitete dort erst ehrenamtlich, leitete dann die „Begegnungsstätte der Awo“, wie die Einrichtung offiziell heißt, 30 Jahre lang hauptamtlich. Danach engagierte er sich im Vorstand des Awo-Ortsvereins weiter.
Als Karl-Heinz Ebert Anfang vergangenes Jahr den Vorsitz altersbedingt aufgab, übernahm Schwaiger das Ruder – zumindest bis zu den Neuwahlen des Vorstands, die 2026 anstehen. Schwaigers Verbundenheit mit dem Juze ist unerschöpflich, seine Kraft ist es nicht: „Mir ist es einfach zu viel“, sagt er.
Kassiererin fällt aus
Während die Anzahl der Vorstandsmitglieder innerhalb der letzten acht Jahre von zwölf auf sieben gesunken ist, hat sich an den Aufgaben nichts geändert. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die Kassiererin aus gesundheitlichen Gründen für unbestimmte Zeit ausfällt. „Es ist im Augenblick einfach zu viel für zu wenige Schultern“, fasst Schwaiger die Lage zusammen.

Zwei der Ehrenamtlichen wollen 2026 wohl nicht mehr erneut für einen Vorstandsposten antreten. All das führt dazu, dass der überalterte Ortsverein ein Problem hat, das zum Problem für die Lohrer Jugend und deren Eltern werden könnte. „Die Zukunft des Juze Lohr in der jetzigen Trägerschaft ist in Gefahr“, betont Heinz Schwaiger. Wenn sich keine neuen Unterstützer finden, bedeutet das: Juze und Ferienspaß sind Geschichte.
Die Lohrer Awo hat schon viel probiert: Mit einem Büroteam, das die Arbeit verteilen soll, wollte der Verein den Vorsitzenden entlasten. „Doch das hat sich nicht bewährt“, sagt Renate Ries. Die 72-Jährige ist im Vorstand die Protokollantin und hilft, wo es geht. Die Arbeit des Vorsitzenden sei aktuell ein Halbtagsjob, erläutert sie. „Manchmal auch mehr“, entgegnet ihr Schwaiger.
Vorsitzender führt Personal
Neben den Vereinsroutinen ist er für die Personalführung, Abrechnung und Finanzierung des Juze zuständig. Mit Kerstin Heine und Elena Häfner arbeiten zwei Pädagoginnen hauptamtlich im Jugendzentrum, die außer dem Alltagsbetrieb auch den Ferienspaß und den Tanzworkshop „Juze in Motion“ organisieren. Putzhilfen und ein Hausmeister sind dort ebenfalls beschäftigt. Auch bei der Hausaufgabenhilfe der Awo an der Lohrer Grundschule und dem integrativen Angebot „Mütter lernen Deutsch mit ihren Kindern“ ist jeweils eine hauptamtliche Kraft aktiv. Schwaiger dient ihnen allen als Ansprechpartner. Auch die anderen Angebote sind daher in Gefahr.
Die Personalkosten des Juze zahlen die Stadt Lohr und der Kreis Main-Spessart anteilig. Jedes Jahr müsse diese freiwillige Leistung neu beantragt werden, berichtet Schwaiger. Die Betriebskosten des Jugendzentrums sind hingegen Sache der Awo.
Förderung kein Automatismus
Nachdem die Finanzlage des Vereins durch die Corona-Pandemie und die enorm gestiegenen Energiekosten sehr angespannt war, hat die Awo einen Zuschuss über 10.000 Euro von der städtisch geführten Gerd-Rexroth-Stiftung bekommen. Auch das resultierte aus Gesprächen zwischen dem Awo-Vorstand und der Stadt Lohr, denn einen Automatismus, dass regelmäßig Geld fließt, gibt es nicht.
Der Vorstand muss Förderanträge ausfüllen, sich um Spenden kümmern und Veranstaltungen organisieren. Auf mehr Köpfe verteilt, würde die Arbeitslast für den Einzelnen aber gehörig sinken. „Das ist auch neben dem Beruf zu schaffen. Man kann sich die Zeit frei einteilen für die Sachen, die im Hintergrund zu erledigen sind“, erklärt Schwaiger.
Doch sollten sich bei einem Verein mit 200 Mitgliedern nicht Personen finden, die sich mehr engagieren? Viele davon seien im Rentenalter und einst vom Bezirksverband als Mitglieder geworben worden, erklärt Heinz Schwaiger. „Sie sind nicht von hier und haben deshalb wenig Beziehungen zu Lohr.“
Für einen hauptamtlichen Geschäftsführer reiche das Geld nicht und der Awo-Bezirksverband habe laut Schwaiger kein Interesse an der Geschäftsführung des Juze. Deshalb ruht seine Hoffnung nun auf einer „neuen Unterstützergeneration für das Ehrenamt“, die von außerhalb des Vereins kommt.
Juze-Pädagogin Kerstin Heine macht sich Sorgen beim Blick auf die gegenwärtige Arbeitslast des Awo-Vorsitzenden. Die 38-Jährige hat das Gefühl, dass sich draußen „wenig Gedanken gemacht wird, weil das Juze noch funktioniert“. Doch das sei sehr von einzelnen Personen und deren großer Leidenschaft abhängig, betont sie. Heine würde sich freuen, wenn sich aus der Elternschaft Leute ehrenamtlich einbringen würden. Die wüssten schließlich, was das Lohrer Jugendzentrum ihrem Nachwuchs alles anbietet.
Die schweren Anfänge des Lohrer Juze
Vor rund 50 Jahren hatten die „Brunnenhocker“, zu denen auch der junge Heinz Schwaiger gehörte, genug davon, sich aus Mangel an Alternativen beim Brunnen am alten Rathaus zu treffen. Gemeinsam mit der Awo, die für ihre Altenclubs neue Räume suchte, erfüllte sich der Wunsch. Der Awo-Bezirksverband hatte in Würzburg ein Holzhaus, das nicht mehr benötigt wurde. „Es wurde abgebaut und mit Hilfe des THW nach Lohr gebracht“, erzählt Schwaiger. Innerhalb eines Jahres bauten Lohrer Jugendliche und Bürger das Juze auf. Dafür mussten sie unter anderem die Betonfundamente des ehemaligen Sägewerks mit Presslufthämmern entfernen, berichtet der 73-Jährige. Das Holzhaus ist noch immer ein Teil des Jugendzentrums.