Seit Ferienende beschäftigt das Thema Elterntaxis auch wieder Polizistin Silke Reckentin. „Wenn ich das Chaos vor den Schulen sehe, wundert mich, dass nicht mehr passiert“, sagt die Vorsitzende der Gebietsverkehrswacht Lohr. Als Beispiel nennt sie die Grundschule Lohr.
Zwar sei dort inzwischen ein absolutes Halteverbot vor dem Gebäude erlassen worden, entsprechend verlagere sich aber der elterliche Hol- und Bringverkehr auf die Straße in der Nähe. Die Polizistin rät, das Auto an einem Parkplatz abzustellen und mit dem Kind die letzten Meter zu Fuß in die Schule zu gehen. Die Grundschule Lohr sei aber kein Einzelfall: „Das Problem Elterntaxis haben wir an fast jeder Schule.“
Sie appelliert an Eltern und auch Großeltern, Taxis in die Schule als Ausnahme zu machen. „Ein Kind kann sich nur sicher im Straßenverkehr bewegen, wenn man ihm die Chance dazu gibt, das zu üben.“ Sie berichtet, was sie für ein mulmiges Gefühl gehabt habe, als ihre Tochter erstmals alleine mit dem Rad unterwegs war. Trotzdem sieht sie keine Alternative dazu, dem Nachwuchs Selbstständigkeit beizubringen. „Es ist falsch, Kinder immer in Watte zu packen.“
Möglichkeiten, den Verkehr vor den Schulen etwas zu entzerren, könnten sogenannte „Kiss + Go“-Bereiche sein. Dies sind Plätzen etwas abseits von Schulen, wo sich der Verkehr nicht auf engstem Raum ballt. Ein Konzept, welches Reckentin im Prinzip positiv findet, aber: „Da ist halt das Problem der örtlichen Gegebenheiten.“
Realschulrektor sieht kein Problem mit Elterntaxis
Für Alexander Lutz, Rektor der staatlichen Realschule, sind die Elterntaxis kein Problem. Einzelne Schüler würden schon gefahren, „aber das verteilt sich bei uns eigentlich ganz gut“. Viele würden eher im Bereich Spessarttorhalle das Auto halten und die Kinder dort aussteigen lassen. „Feurige Eltern, die im Stress sind, wären mir noch nicht aufgefallen“, lobt er. Mehrfache Anfragen unserer Redaktion bei der Grundschule blieben unbeantwortet.
Wie eine Nachfrage unseres Medienhauses bei den Polizeiinspektionen in Main-Spessart ergeben hat, gibt es noch nirgends einen „Kiss + Go“-Bereich. Stephan Baumgärtner, stellvertretender Polizeichef in Marktheidenfeld, begrüßt das Konzept. Er sieht aber Hürden dafür. Im städtischen Bereich ergäben sich aufgrund der Bebauung oftmals Schwierigkeiten, Zonen auszuweisen, deren Lage attraktiv genug ist, um von Eltern angenommen zu werden. „Es nutzt etwa nichts, wenn ich den Bereich beim Sportplatz des TV ausweise, der einige hundert Meter weg ist von der Schule“, konkretisiert er. Wenn es um den Neubau von Schulen oder umfangreiche Renovierungsmaßnahmen gehe, berate die Polizei bezüglich der Verkehrssicherheit vor Ort. Dabei werde auch „Kiss + Go“ mit einbezogen.
Kein Thema in Karlstadt
Kritischer sieht die Polizei in Karlstadt das Thema. Der dortige Verkehrsbeauftragte Julian Bentele befürwortet das Konzept nicht. „Insgesamt wird auch das Ziel verfolgt, dass Kinder vermehrt wieder sicher mit dem Bus zur Schule gebracht werden und zu Fuß sicher die Straße ohne Sichteinschränkungen queren/passieren können“, begründet er. Offenbar kommt es im Bereich seiner Inspektion auch nicht zu solch chaotischen Zuständen wie in Lohr. Beobachtungen haben demnach gezeigt, dass die meisten Elterntaxis an den vorhandenen Parkplätzen stehenbleiben und die Kinder dort aussteigen lassen.
Das entspricht genau dem, wie es sich Silke Reckentin wünscht. Solange es noch keine „Kiss + Go“-Zonen gibt, bleibt ihr nur, die Eltern zu sensibilisieren. Veranstaltungen mit diesem Ziel habe es vor Schuljahresbeginn in Lohr und Burgsinn gegeben. Bei den Elternabendenden werde sie die Taxis nochmals thematisieren.
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