Rund 70 Interessierte kamen am Donnerstagabend ins Pfarrheim in Neustadt am Main, um sich bei der zweiten Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative „Naüschter & Erlier Gegenwind“ über den geplanten Windpark Lonero zu informieren. Sprecherin Alexandra Väthröder stellte gleich zu Beginn klar: „Wir sind keine Windkraftgegner. Aber wir kritisieren den Standort im Wald. Das sind Industrieanlagen, und die haben im Wald nichts zu suchen.“ Ziel der Initiative sei es, das Projekt zu stoppen und die Heimat mit ihrer natürlichen Umgebung zu schützen.
Väthröder betonte, dass trotz der Informationsveranstaltung des Projektträgers am 18. September viele Punkte unklar geblieben seien. Es fehle an verbindlichen Aussagen zum Schutz der örtlichen Trinkwasservorkommen und zur Haftungsfrage bei Verunreinigungen. Auch Informationen zur Zuwegung, zur Netzanbindung und zum Brandschutz lägen nicht vor. Als positives Signal bezeichnete Väthröder die Verschiebung der Ausweisung des Vorranggebiets W56-II auf Anfang 2026. Dadurch bleibe Zeit, weitere Gutachten und politische Schritte vorzubereiten.
Arno Wetzstein von der BI präsentierte eine Schattenwurfsimulation, die mithilfe der Daten aus dem Energieatlas erhebliche Beeinträchtigungen vor allem in Richtung Wombach zeigt. Er kritisierte, dass der Projektträger solche Simulationen bislang nicht vorgestellt habe.
Folgen für das Trinkwasser
Im Anschluss sprach der Klingenberger Unternehmer und ehemalige Stadtrat Thomas Wechs, der durch seine Vorträge zu Energie- und Umweltthemen bekannt ist. Er versteht sich als Aufklärer, der Informationen öffentlich machen will, die seiner Ansicht nach in offiziellen Verfahren zu kurz kommen. „Sie werden nicht angelogen, sie bekommen nur nicht alles erzählt“, sagte Wechs mit Blick auf politische Entscheidungsprozesse und Mandatsträger. Besonders eindringlich warnte er vor möglichen Folgen für das Trinkwasser. Der Materialabrieb moderner Windkraftanlagen sei deutlich höher als oft angegeben. Die bei der Lonero-Veranstaltung genannten 200 Gramm pro Jahr und Windrad bezeichnete Wechs als unrealistisch.

Über die Betriebszeit summiere sich laut Wechs der Abtrag auf 42 Kilogramm pro Anlage und Jahr, bestehend aus Kunststoffpartikeln und PFAS, die in Böden und Wassereinzugsgebiete gelangen könnten. Der gewaltige Unterschied zur Lonero-Veranstaltung ergibt sich, weil dort eine neuere dänische Studie zugrunde gelegt wurde.
Auch der Einsatz des Isolier- und Löschgases SF6 sei problematisch, so Wechs. Es sei um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO₂ und könne bei Wartungs- oder Rückbauarbeiten entweichen.
Zudem sei der Rückbau der Anlagen laut Wechs ein ungelöstes Thema. Die verwendeten Verbundstoffe seien kaum wiederverwertbar und es gebe keine klaren Regelungen, wie die Materialien am Ende der Laufzeit entsorgt werden sollen. „Wer eine Anlage baut, muss vorab belastbare Konzepte für Betrieb, Brandschutz, Rückbau und die Finanzierung möglicher Wasseraufbereitungsmaßnahmen vorlegen“, forderte er.
Transparenz zeigen
Wechs kritisierte auch die Kostenstruktur der Windenergie. Die Umverteilung von Fördergeldern bezeichnete er als „Transformation im politischen Sinne: Geld aus der einen Tasche nehmen und der anderen zustecken“. In einem Schwachwindgebiet wie dem Spessart müsse Wirtschaftlichkeit transparent dargelegt werden. „Wenn sich ein Projekt nur durch Subventionen trägt, dann ist es kein nachhaltiges Konzept“, so Wechs.
In der anschließenden Diskussion setzte Stefan Weyer einen deutlichen Kontrapunkt: „Sie haben es geschafft, gewisse Themen auszublenden oder so darzustellen, dass sie in Ihre Argumentation passen.“ Man dürfe Verwaltungen nicht vorwerfen, Informationen zurückzuhalten, wenn man selbst nicht alle Fakten präsentiere. Seine Worte sorgten für spürbare Spannung im Saal.
Weitere Wortmeldungen betrafen Infraschall, die Verantwortung der Gemeinde für die Wasserversorgung und mögliche Immobilienentwertungen. Eine Bürgerin brachte es auf den Punkt: „Die Frage ist, zu welchem Preis wir unsere Gemeinde und unsere Natur verkaufen.“ Joachim Gesslein von der BI forderte von der Gemeinde eine Risikobeurteilung und PFAS-Monitoring. Nur so könne die Sicherheit der Quellen gewährleistet werden.
Väthröder informierte abschließend über eine Petition an den Bayerischen Landtag gegen das Vorranggebiet W56-II und dankte für die sachliche Diskussion: „Wir wollen keine Spaltung, sondern informieren und aufklären.“
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