Ein Kreistag Main-Spessart ohne den Lohrer Bürgermeister als Mitglied? Das wäre eine Premiere, die vorübergehend jedoch nicht auszuschließen war. Schließlich fehlte es dem Lohrer Bürgermeister Mario Paul zuletzt an einer Möglichkeit, 2026 wieder für den Kreistag zu kandidieren.
Grund war der Bruch zwischen ihm und den Grünen. Über deren Liste war Paul 2014 und 2020 in den Kreistag gewählt worden. Doch nun will Paul bei der Lohrer Bürgermeisterwahl 2026 als unabhängiger Kandidat antreten. Die Grünen stellen mit Clemens Kracht einen eigenen Bewerber. Eine Kandidatur Pauls auf der Kreistagsliste der Grünen galt daher als weitgehend undenkbar.
Doch jetzt hat Paul bei einer anderen Gruppierung „politisches Asyl“ gefunden: bei den Freien Wählern. Das machte er am Mittwochabend im Rahmen seiner Nominierungsversammlung zur Bürgermeisterwahl öffentlich.
Gespräch gesucht
Dabei schilderte Paul, dass er auf der Suche nach einer „neuen politischen Heimat“ für die Kreistagswahl auf die Freien Wähler zugegangen sei, namentlich auf den Kreisvorsitzenden und Landratskandidaten Christoph Vogel sowie die Lohrer FW-Gallionsfigur Brigitte Riedmann. Das Ergebnis laut Paul: „Die Freien Wähler sind die Liste, auf der ich stehe.“
Neben den Grünen sei auch die SPD für ihn als Ansprechpartner ausgeschieden, sagte Paul. Denn auch die schickt in Lohr einen eigenen Bürgermeisterkandidaten ins Rennen: Marc Nötscher.
Freie Wähler haben sich von Aiwanger distanziert
Paul machte mit Blick auf die Freien Wähler zwar deutlich, dass er mit vielen der Positionen von deren Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger „in keinster Weise einverstanden“ sei. Allerdings hätten sich die Freien Wähler in Main-Spessart immer wieder von Aiwanger distanziert, vor allem Brigitte Riedmann, so Paul. Er sehe für sich mit Blick auf die Kreistagswahl bei den Freien Wählern jedenfalls „die größten Freiheitsgrade“.
Der FW-Kreisvorsitzende Christoph Vogel sagte gegenüber der Redaktion zu dem Thema: „Wir freuen uns, dass Mario Paul zu uns auf die Liste kommt.“ Dessen Programm für die Lohrer Bürgermeisterwahl decke sich „zu nahezu 100 Prozent“ mit Positionen der Freien Wähler, sagte Vogel und nannte Schwerpunkte wie Familien, lebendige Innenstadt und vernünftigen Umweltschutz.
Er schätze Mario Paul persönlich und auch dessen Sachorientierung, so Vogel weiter. Man habe mit Paul einen erfahrenen Kreispolitiker für die Freien Wähler gewonnen, der aufgrund seiner Bekanntheit auch als Stimmenbringer hilfreich sein könne.
Listenplatz für Mario Paul noch offen
Auf welchem Listenplatz Paul stehen wird, ist laut Vogel noch offen. Brigitte Riedmann sagt dazu, dass die Freien Wähler aus dem Altkreis Lohr in wenigen Tagen festlegen werden, welcher Kandidat welchen der dem Lohrer Raum zugeteilten Listenplätze besetze.
Sie sehe Pauls Kandidatur für die Freien Wähler „völlig neutral“, so die Frau, die sich mit der Wahl 2026 nach Jahrzehnten aus der Kommunalpolitik zurückziehen will. Sie lässt jedoch auch durchblicken, dass es unter Lohrer Freien Wählern auch kritische Stimmen zu Pauls Wechsel gebe.
Ein Grund dafür sei, dass Paul in Lohr zuletzt eine zusätzliche Stadtratsliste vorwiegend für junge Bewerber initiiert habe, also eine Konkurrenz auch zu den Freien Wählern. Paul wird allerdings nicht auf dieser Liste stehen. Dem Vernehmen nach soll sie sich jedoch tatsächlich formieren.
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