Eine Beleidigung muss nicht zwangläufig mit Schimpfworten erfolgen, auch eine Handlung kann als Beleidigung gewertet werden. So sieht es zumindest die Justiz. Das Amtsgericht Bad Kissingen hat nun einen 78-jährigen Rentner wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass der Mann in seinem Auto eine 17-Jährige körperlich bedrängt und über die bekleidete Brust gestreichelt hat sowie versucht hat, der Jugendlichen einen Zungenkuss zu geben.
Seine Aussage nach dem Verlesen der Anklage begann der Mann im Beisein seiner Ehefrau mit den Worten: „Alles Lüge.“ Dass er mit dem Mädchen im Auto unterwegs war, gab er zu: „Sie hatte mich gebeten, sie abzuholen, weil abends kein Bus mehr fuhr und sie nicht wusste, wie sie nach Hause kommen sollte.“ Zu einer körperlichen Belästigung sei es nicht gekommen, so der Mann, der bis zum Schluss von dieser Aussage nicht abwich.
Die 17-Jährige bestätigte als Zeugin, dass sie den ihr gut bekannten Mann um den Fahrdienst gebeten hatte. „Er war einverstanden.“ Dann habe er allerdings an einem Feldweg angehalten, statt sie direkt nach Hause zu bringen. „Er hat mir 20 Euro gegeben und gesagt, ich solle ein braves Mädchen sein.“ Dann habe er den Arm um sie gelegt und mit einer Hand über ihre bekleidete Brust gestreichelt. „Und er hat versucht, mir einen Zungenkuss zu geben.“
Mutter verständigte Polizei
Den Vorfall mit dem Angeklagten schilderte die junge Frau ruhig und sachlich. „Ich habe ihn sofort weggestoßen und mich sehr unwohl gefühlt.“ Nach dem Vorfall habe der Mann von ihr abgelassen und sie heimgefahren. „Dort habe ich alles meiner Mutter erzählt.“ Die Mutter verständigte daraufhin die Polizei. Der ermittelnde Polizeibeamte sagte nun als Zeuge vor Gericht: „Für mich waren die Aussagen des Mädchens absolut glaubhaft.“
Der Staatsanwalt wertete den Vorfall in seinem Plädoyer als Beleidigung, und nicht wie ursprünglich angeklagt, als Nötigung, welche eine viel höhere Strafe nach sich zieht. „Das Vorgehen des Rentners war dreist und unverschämt, aber er hat keine Gewalt angewandt“, so der Ankläger. Das hatte auch das Mädchen als Zeugin so ausgesagt.
Der Verteidiger beschrieb seinen Mandanten als „honorigen und unbescholtenen Mann“, der sich noch nie etwas zu schulden habe kommen lassen. Er sah keine Beweise für ein Fehlverhalten seines Mandanten und beantragte Freispruch.
Dem folgte die Richterin aber nicht. Denn auch sie wertete die Aussagen der 17-Jährigen als glaubhaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.