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WILDFLECKEN: „30 Euro, da kann keiner leben davon“

WILDFLECKEN

„30 Euro, da kann keiner leben davon“

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    Bringen Farbe in die Fleischhauerstraße: Doris und Hilmar Ott haben für ihren Betreuungsdienst Betro für psychisch kranke Menschen drei Häuser in Wildflecken gekauft, zwei sind bereits hergerichtet, das dritte wird derzeit saniert.
    Bringen Farbe in die Fleischhauerstraße: Doris und Hilmar Ott haben für ihren Betreuungsdienst Betro für psychisch kranke Menschen drei Häuser in Wildflecken gekauft, zwei sind bereits hergerichtet, das dritte wird derzeit saniert. Foto: Foto: Barbara Bedacht

    Erfolg ist in der Betreuung psychisch kranker Menschen schwer zu messen. Für Hilmar Ott ist ein Erfolg, wenn die von ihm und seinem Team versorgten Menschen nicht erneut stationär in eine psychiatrische Klinik aufgenommen werden müssen. Das gelingt dem Betreuungsdienst Betro. Seit Jahresbeginn steht Ott aber vor einem Problem, das den wirtschaftlichen Erfolg seines Unternehmens in Frage stellt.

    Otts Leistungen bezahlen die betreuten Menschen über das persönliche Budget. Dieses Geld gibt ihnen der Bezirk Unterfranken, die Höhe wird nach individuellem Hilfebedarf verhandelt. Ott sieht in der Betreuung, die über das persönliche Budget finanziert wird, zwei große Pluspunkte: Die Gesellschaft werde finanziell entlastet, weil ambulante Unterbringung deutlich günstiger ist als stationäre. Die betroffenen Menschen hätten deutlich höhere Lebensqualität. Statt in der Klinik oder im Heim leben sie in einer eigenen Wohnung. Wer möchte, nutzt die Tagesstätte in der Fleischhauerstraße, isst dort vielleicht zu Mittag oder nimmt andere Angebote wahr.

    Stundensatz knapp über 30 Euro

    Bis Jahresbeginn hat der Bezirk für Fachstunden, die Mitarbeiter von Betro leisten, gut 35 Euro gezahlt, dann hat er diesen Stundensatz um rund fünf Euro reduziert. Begründung ist, dass der höhere Stundensatz nur für Sozialpädagogen gelte. Ott arbeitet aber mit einem Team aus Sozialpädagogen, Ergotherapeuten, Fachkrankenpflegern und Heilerziehern. Für Betro bedeutet die Reduzierung des Stundensatzes deutlich geringere Einnahmen und indirekt auch Kritik: „Man will uns unsere Fachlichkeit absprechen“, sagt Ott.

    Die Rhön sei bei der Betreuung psychisch kranker Menschen total unterversorgt, wenn man von Wildflecken absieht, sagt Ott. Der Bezirk halte selbst kein Angebot vor. Sozialpsychiatrische Dienste gibt es nur in Bad Kissingen und Bad Neustadt.

    Grundsätzlich sehe der Bezirk die ambulanten Strukturen, wie sie Betro in Wildflecken vorhält, als sinnvoll, heißt es auf Nachfrage von dessen Pressestelle. Der Stundensatz richte sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, da werde unterschieden, ob Sozialpädagogen oder Erzieher die Leistung erbringen: „Daran halten wir uns einfach.“

    „Ich möchte als Partner vom Bezirk akzeptiert werden. Ich habe eine Verantwortung zu tragen“, sagte Ott am Montag bei einem Besuch von Landtagsabgeordneter Sabine Dittmar. Die war mit SPD-Bezirksrat Bernhard Ruß aus Zeil am Main nach Wildflecken gekommen, um einen Einblick in die Arbeit von Betro zu bekommen. Jetzt will sie über die Staatsregierung eine schriftliche Anfrage an die Bezirke stellen, wie dort mit dem persönlichen Budget und den Stundensätzen verfahren wird. Nach Otts Aussage werden sowohl in Mittelfranken als auch in der Oberpfalz höhere Sätze gezahlt.

    Für Ott geht es nicht nur darum, seinen zwei Jahre bestehenden Betrieb weiter wirtschaftlich zu führen. Rund 30 Menschen betreut er dort. Gern würde er auch anderswo noch aktiv werden, an Standorten wie Fladungen, Ostheim, Hammelburg hat er bereits gedacht. Aber: „30 Euro, das ist ein Lohn für Anstreicher. Da kann keiner leben davon.“

    Aus Heimen rausholen

    Dennoch hofft er darauf, dass sich das System persönliches Budget etabliert und psychisch kranke Menschen darüber ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können. „Aus jedem Heim könnte man Leute rausholen“, sagt Ott. Er hat selbst 26 Jahre in der Bezirksklinik in Werneck als Fachkrankenpfleger gearbeitet und dort die Institutsambulanz mitbegründet.

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