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OBERBACH: 47 Jahre Pfarrhaushälterin: Jetzt kocht sie nur noch für sich selbst

OBERBACH

47 Jahre Pfarrhaushälterin: Jetzt kocht sie nur noch für sich selbst

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    Ihrem neuen Lebensabschnitt sieht sie nach 47 Jahren in diesem Amt frohgemut entgegen. „Einmal muss Schluss sein“, sagt sie sehr bestimmt. Geboren wurde sie 1940, aufgewachsen ist sie in Alsleben in der Nähe von Bad Königshofen. „Ich und meine Zwillingsschwester Elisabeth, die inzwischen verstorben ist, waren die beiden Ältesten. Dann kamen noch zwei Schwestern“, erzählt Johanna Schnaidawind. Ihr Vater, der Wagner von Beruf war und später, als das Handwerk nicht mehr gebraucht wurde, in einer Tischlerei-Fabrik arbeitete, war wohl in puncto Erziehung seiner Zeit weit voraus.

    Johanna Schnaidawind erinnert sich, dass er großen Wert darauf gelegt hatte, dass seine Töchter selbständig wurden und für sich sorgen konnten. Das war zu dieser Zeit für Mädchen überhaupt nicht üblich. Und schon ab der sechsten Klasse half sie, wann immer sie gebraucht wurde, im heimischen Pfarrhaus mit aus. Hier reifte der Gedanke, selbst einmal „Pfarrersköchin“ zu werden.

    Mit 14 Jahren gingen die junge Johanna und ihre Zwillingsschwester „in Stellung“, und zwar gemeinsam. Sie arbeiteten in der Küche eines Waisenheims. Später – und wieder zusammen, hatten sie eine Anstellung als Kaffee-Köchin im Kurgartencafé in Bad Kissingen. 1960 trennten sich dann die Wege der beiden Zwillingsschwestern. Im gleichen Jahr nämlich suchte der Herbstädter Pfarrer eine Haushälterin. Johanna wurde angesprochen und entschloss sich sehr schnell, das Angebot anzunehmen. „Aber eigentlich war ich für diese Stelle noch zu jung“, sagt sie heute: „Das sollten eher ältere Frauen sein.“

    Von Kolleginnen gerügt

    Bei einem Treffen von Pfarrhaushälterinnen wurde sie von einer älteren Kollegin sehr dafür gerügt, dass sie das Wort „mein Chef“ statt „Herr Pfarrer“ benutzte, erinnert sie sich. Von 1960 bis 1996 führte sie dann Pfarrer Longin Möhler Haushalt und Küche. „Ich habe mich da sehr wohl gefühlt.“ Als ihr „Pfarrherr“ starb, musste sie sich selbst darum kümmern, eine neue Anstellung zu finden. Da war Johanna Schnaidawind immerhin 56. Durch Zufall bekam sie die Stelle bei Pfarrer Thomas Merz, der gerade dabei war, von Oberweißenbrunn nach Weibersbrunn im Spessart zu gehen. „So einfach war das alles nicht für mich“, sagt sie „ein neuer Pfarrer, eine neue Gemeinde, eine neue Umgebung. Und wirklich heimisch geworden bin ich in dem Spessartdorf nicht“, bedauert sie. Im Herbst 2000 nahm Pfarrer Merz dann die Stelle im Oberen Sinngrund an. Wohnung wurde im Pfarrhaus Oberbach bezogen.

    „Hier hat es mir gleich sehr gut gefallen“, lächelt sie. „Die Leute sind offener als im Spessart. Die Oberbacher haben es mir leicht gemacht, mich einzugewöhnen.“ Hier hat sie gute Kontakte zur Nachbarschaft gefunden. „Manche bedauern, dass ich gehe“, meint sie. Aber nun scheint es ihr an der Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen. Denn – seit sieben Jahren ist sie eigentlich bereits im Ruhestand. Mit Pfarrer Merz, so erzählt sie, hatte sie aber vereinbart, noch zu bleiben.

    Mit dem Wochenende wird die Zeit ihres Wunschberufs vorbei sein. Vorbei damit auch die Zeit, in der sie nicht nur den Haushalt des Pfarrers versorgte und als Köchin fungierte, sondern auch immer Ansprechpartnerin war, wenn jemand anrief oder an der Haustür schellte. „Man bekommt schon sehr viel mit in diesem Beruf – aber man redet nicht darüber“. Pfarrhaushälterin zu sein, bedeutet in ihren Augen auch, einen Vertrauensposten zu haben. Gut getan hätten ihr immer wieder einwöchige Exerzitien, manchmal in Berlin.

    Pflegeleichter Chef

    Dann erklärt sie lächelnd, dass sie ihren „Chef“ als „pflegeleicht“ bezeichnen würde. Denn in „ihr Reich“ hätte er ihr wenig hineingeredet – etwas, das ihr wichtig war. Und sie genoss es auch, neue Gerichte ausprobieren zu können. Etwas hat sich Johanna Schnaidawind aber offensichtlich bis heute erhalten: Sie sagt offen ihre Meinung und hat das auch zu einer Grundvoraussetzung an ihrem Arbeitsplatz gemacht.

    Ab nächster Woche wird sie wieder in Herbstadt sein, dort, wo sie so lange als Pfarrhaushälterin gewirkt hat. Sie hat noch viele gute Bekannte und Verwandte in der Umgebung, auf die sie sich freut. Und sie hat eine hübsche Wohnung gefunden. „Ich lasse alles auf mich zukommen. Ich habe keine Angst vor der Zukunft“, sagt sie. „Und das Alleinsein lernt man als Haushälterin auch in einem Pfarrhaus. Da habe ich keine Angst davor“. Gelassen ist sie und voller Vorfreude. Sie freut sich darauf, viel lesen zu können und Musik zu hören. Und dann sind ja da auch noch ihre Neffen, die darauf warten, dass sie ihnen weiterhin Socken strickt.

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