Der Talerregen war ein Höhepunkt des Märchenfests, zu dem das Brückenauer Forum aus Anlass des Herbstkongresses der Europäischen Märchengesellschaft in der Kurstadt eingeladen hatte. Am Sonntag hatte sich bei strahlend blauem Himmel ein Zug von Märchengestalten von der Georgi-Kurhalle zum Marktplatz in Bewegung gesetzt.
Die Märchenfiguren verabschiedeten die Kongressteilnehmer und brachten sie mit zum Marktplatz, wo bei Speis und Trank gefeiert wurde und die Brückenauer Ladenbesitzer ihre Geschäfte geöffnet hatten. Organisiert hatte den Umzug Else Prause, die selbst die Maske der Hexe aus Hänsel und Gretel trug.
Fanfare kündigt Märchenzug an
Angeführt wurde der Zug von Herold Lukas Breitenbach aus Bad Brückenau, der mit der Fanfare aus seiner Trompete die Märchenfiguren ankündigte. Ihm folgte ein Nachtwächter. Die Hexe begleitete Hänsel und Gretel, die sieben Zwerge folgten. Schneewittchen, ihr Prinz und ihre böse Stiefmutter waren nicht weit entfernt. Dornröschen war mit ihrem Prinzen, dem Koch und dessen Lehrling auch im Märchenzug dabei. Max und Moritz verteilten an die vielen Zuschauer Rosinenbrötchen. Hans im Glück trug seine Gans spazieren. Rotkäppchen und der Wolf liefen ebenso im Märchenzug mit wie der Froschkönig und seine Prinzessin. Rapunzel mit ihren langen, blonden Haaren bildete den Abschluss.
Eröffnet wurde das Fest bereits am Samstagvormittag. Die stellvertretende Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks staunte über den unglaublichen Zusammenhalt in der Stadt, den das Märchenfest hervorgerufen habe. Der Kongress sei daher wichtig für Bad Brückenau. Sonst würden alle jammern, dass Geschäfte in der Innenstadt schließen. In den letzten Wochen sei aber überall etwas in der Stadt los, sagte sie. „Wir machen was“, stellte Meyerdierks fest. In den Schaufenstern der leerstehenden Geschäfte hatten Kindergärten und Schulen aus dem Umkreis Szenen aus verschiedenen Märchen der Brüder Grimm dargestellt. An etlichen Häusern der Stadt sind Szenen aus anderen Märchen dargestellt.
Annette Martin und Heinrich Dickerhoff, der Präsident der Europäischen Märchengesellschaft, wollten eigentlich nur den jährlichen Herbstkongress der Gesellschaft in der Kurstadt abhalten. Das Forum hatte die Idee, etwas mehr daraus zu machen, sagte Meyerdierks. „Und so feiern wir ein wunderbares Wochenende in Bad Brückenau.“ Adolf Dörflinger, Vorsitzender des Forums, und seine Stellvertreterin Patricia Knispel eröffnen mit ihr das Märchenfest.
Für Groß und Klein war viel geboten. Im Kino liefen die Märchenfilme „Aschenbrödel“ und „Hans im Glück“. Am Samstag und Sonntag wurden in den Eisdielen 1001 Kugeln Eis verteilt. Den Kindern wurde bei einer Kutschfahrt von einer Hexe Märchen erzählt und sie konnten auf Ponys reiten. An beiden Tagen fand am Marktplatz eine Kostümparade statt, bei der alle verkleideten Kinder ein Geschenk bekamen, organisiert vom Forum. Die vielen Prinzessinnen in ihren blauen und rosa Kleidern freuten sich ebenso darüber wie Zauberer, Polizisten, Räuber, Elefanten und Zwerge.
Gutmachgeschichten
Am Samstagnachmittag erzählte Heinrich Dickerhoff im Cafe am Markt Märchen über die Liebe. Märchen seien keine netten, sondern Gutmachgeschichten. Zuhörer sollen etwas aus ihnen lernen. Rund 60 Zuhörer lauschten ihm. Die Stühle reichten längst nicht aus, einige mussten am Boden Platz nehmen. Märchen seien ursprünglich für Erwachsene geschrieben, nicht für Kinder. Früher lebten Erzähler sogar von Märchen, berichtete Dickerhoff. Dann trug er ein Märchen aus Venedig vor und ein Männermärchen aus Irland, das zu seinen Lieblingsmärchen gehört.
Elke Wirth aus Arnsberg erzählt das Märchen, dass die Brüder Grimm in ihrer Sammlung an die erste Stelle gesetzt haben: „Der Froschkönig“. Silvia Petek aus Nürnberg erzählt ein Märchen der Eskimos, aus Argentinien und China.
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