„Also, jetzt mal alle zusammen!“, ruft eine Stimme durchs Mikrofon. „Wechsel seit, Wechsel seit!“, lautet das Kommando von Tanzlehrer Gerhard Großmann. An die 60 Planpaare setzen sich im funzeligen Licht der Lagerhalle, in der die vierte Auflage des Tanzkurses ausnahmsweise stattfindet, zögerlich in Bewegung. Konzentrierte Stille. Zu hören ist nur das Schlurfen von 240 Füßen auf Beton. Fast alle sind sie da, um fürs Planfest vom 16. bis 18. Oktober zu üben. Denn beim Tanz unter dem Festbaum will sich keiner blamieren.
Der Rannunger „Plua“ hat Tradition. Seit nunmehr 230 Jahren wird alle zehn Jahre im Dorf ein Riesenfest gefeiert. Die Vorbereitungen sind dabei mindestens so wichtig wie das dreitägige Spektakel selbst: Denn da werden Seile gedreht und Kränze geflochten und es gibt selbst gebrautes Bier. Die Planpaare lassen sich prächtige Trachten maßschneidern und die Burschen müssen zusehen, dass sie rechtzeitig die Schwalben liefern – zwei lange Stangen, die mit einem Strick verbunden sind. Denn die werden dann zum Aufstellen des Planbaums gebraucht.
Der Bund fürs Planfest
Das Allerwichtigste aber ist es, sich rechtzeitig eine Partnerin fürs Fest zu suchen. Und da gehen manche Burschen schon Jahre zuvor auf Nummer sicher. Insofern ist „nach dem Plua eigentlich schon wieder vor dem Plua“. So hatte der 25-jährige Dominic Wolf schon vor neun Jahren sein „Pluamädchen“ auserwählt: Eva Ruppert sagte ja und der Bund fürs Planfest war geschlossen. Dann wurde die junge Frau schwanger und Dominic partnerlos. Kurzerhand sprang seine Schwester Sonja ein.
Sebastian Röder fragte Rebecca, seine erste Wahl fürs Planfest, schon 2007, Alexander Keller seine Maresa vor einem Jahr „um Weihnachten rum“. „Man muss sonst Angst haben, dass die Mädels weg sind“, begründet er die Zeitwahl und lacht.
63 Paare sind dieses Jahr gemeldet, das sind fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Und es sind genauso viele wie im Jahr 1980, erinnert sich Franz Wolf, der seinerzeit auch um den Planbaum tanzte. „Wir haben damals acht bis zehnmal geübt“, gedenkt er schmunzelnd jener Vorbereitungen. Weil die jungen Leute in seiner Halle tanzten, kam er mit seiner Frau vorbei, um ihnen zuzusehen. Da dürfte den Beiden melancholisch ums Herz geworden sein, als sie später in der Halle auch einen Walzer aufs Parkett legten.
Es ist die vierte Probe für den großen Auftritt. Ein Schottischer steht jetzt auf dem Programm. Alle bilden einen großen Kreis. Dann tritt jedes zweite Paar in die Mitte vor. Die Musik geht an. Wechsel dreh, Wechsel dreh!“, schreit Großmann und der Tanzparcours beginnt erneut.
Die Dorfgemeinschaft stärken
Noch scheint alles etwas ungeordnet, tanzen die einen statt im Kreis eher nach außen und prallen auf andere Tanzwütige. Andere fixieren verbissen ihre Füße. Da besteht offenbar noch Lernbedarf.
Bei allem wird gekichert und gelacht. Es ist nichts von der Würde eines Tanzschulkurses zu spüren. Zum Glück, denn der Spaß ist schließlich das Wichtigste bei der ganzen Sache. Manche haben sich ins Innere das Kreises verirrt und suchen ihren Startplatz auf. Eine muss aufs Klo. Am Rand stehen schon welche und schwitzen: Es sind die Tanzexperten, die das Treiben der anderen bei einem kühlen Getränk Revue passieren lassen.
Die meisten wirbeln schon recht passabel über den Beton. Wird ja auch Zeit, denn es soll nur noch dreimal geübt werden. Dann muss jeder Pas de deux sitzen. Sebastian Röder und Rebecca Brust beherrschen das Tanzen „schon ganz gut“ – behaupten sie jedenfalls, als sie am Rand stehen und sich den Schweiß abwischen. Beim Planfest machen sie mit, weil sie finden, dass man damit etwas für die Dorfgemeinschaft tut.
Lena Berninger und Michael Röder sind sich bei der Beurteilung ihrer Tanztalente nicht ganz einig: Vielleicht müssten sie „noch etwas üben“, meint Lena. „Das passt schon“, sagt Michael. Das Planfest finden sie klasse, „weil es verbindet“ und „Tradition hat“.