Aus Aufzeichnungen, die Harry Liebmann gemeinsam mit seiner Frau Helga angefertigt hatte, berichtete er über seine Familie und die Entwicklung seiner Firma. Ursprünglich stammt die Familie Liebmann aus Lichte im Thüringer Wald. Dort besaß bereits der Vater Otto Liebmann Glaswaren herstellende Betriebe. Nach der Enteignung durch die russische Besatzungsmacht siedelte die Familie nach Münnerstadt über.
Seit 1935 hatte Otto Liebmann in Hohn bei Steinach eine Jagd gepachtet. So war ihm diese Gegend bestens bekannt. Harry Liebmann stieß nach französischer Kriegsgefangenschaft 1948 in Münnerstadt wieder zu seiner Familie, die zuerst in Hohn, später in Münnerstadt in Gasthäusern logierte. In Baracken des Reichs-Arbeitsdienstes auf dem alten Schindberg wurde ganz klein wieder angefangen. Gläschen wurden dort zuerst mit der Hand gedreht, bis die ersten Maschinen gekauft werden konnten. Harry Liebmann arbeitete selbst im Schichtdienst an Maschinen mit, um die Arbeit besser kennen zu lernen.
Das größte Problem war die Beschaffung von Gas, das für die Herstellung von Glaswaren nötig ist. Nachdem man es zuerst mit Propangas in Flaschen versucht hatte, baute man später eine Wasser-Gasanlage. In den 50 Jahren ihres Bestehens wurde die Firma ständig umgebaut und erweitert. Heute umfasst der Betrieb ein Areal von zehn Hektar.
Mit seiner Frau, die Harry Liebmann 1950 ehelichte, hat er drei Kinder, die alle in die Firma eingestiegen sind. Darüber zeigte sich Harry Liebmann sehr glücklich, weiß er doch, dass in ihren Händen der Betrieb in seinem Sinne weiter geführt wird. "Es wird nix verkloppt", ist die Parole von Harry Liebmann. Obwohl er die Firma an die Kinder übergeben hat, geht er noch jeden Tag ins Büro und erledigt die Post. Mit Stolz stellte Harry Liebmann fest: "Wir sind kein Kleckerles-Betrieb!"
Zur Zeit werden 414 Mitarbeiter beschäftigt. 1999 wurden 356 Millionen Glas-Artikel verkauft, das sind pro Tag 1,4 Millionen. 132 Maschinen stehen in den Hallen, in denen im Zwei-Schichtbetrieb gearbeitet wird.
Für Strom, Gas, Sauerstoff gibt die Firma pro Jahr 1 467 000 Mark aus. 50 Millionen Mark Umsatz wurden erzielt. Welches Ansehen die Firma Liebmann genießt, zeigte sich am Tag der Offenen Tür vor einem Jahr, als 1200 Besucher kamen. Die Bewohner der Julius-Spitals und andere interessierte Senioren lud Liebmann zu einer Betriebs-Besichtigung ein. Den Aufstieg der Firma verdanke man auch treuen und engagierten Mitarbeitern, fügte er an. Arnold Peschel, der über 40 Jahre im Betrieb gearbeitet hatte, lobte den unternehmerischen Weitblick seines ehemaligen Chefs.
Auch der familiäre Umgangston, der von ihm mit seinen Mitarbeitern gepflegt wird, trug zu einem guten Betriebsklima bei. Liebmann erklärte, dass er sich in seiner zweiten Heimat sehr wohl fühle. Viel Beifall galt der kurzweiligen Erzählweise von Liebmann. Zum Abschluss dieser Saison des Erzählcafés, die sehr viele Zuhörer hatte, bedankte sich der Organisator Josef Parsch bei allen Erzählern sowie der Heimleiterin Karola Back und ihrem Team. Im Oktober soll eine neuen Erzählcafé-Staffel starten.