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MÜNNERSTADT: Der letzte Büchsenmacher von Mürscht

MÜNNERSTADT

Der letzte Büchsenmacher von Mürscht

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    Münnerstadt war zwar keine Büchsenmacher-Stadt wie Suhl. Doch die Waffenfabrik Heym, die über 40 Jahre – von 1952 bis 1996 – ihren Standort in Münnerstadt hatte, hat Münnerstadts Industrie- und so manche Münnerstädter Familiengeschichte geprägt. Nicht nur, dass sich im Umfeld der Fabrik Büchsenmacher und Graveure ansiedelten. Viele derer, die selbstständig in und um Münnerstadt mit Waffen ihr Brot verdienten, hatten ihr Handwerk von der Pike auf dort gelernt.

    Einer von diesen war Hennebergers Vater, Büchsenmachermeister Rudolf, der 1966 seine eigene Firma gründete. Von 1971 bis 1987 arbeitete er wieder als Leiter der Jagdwaffenfertigung bei Heym. Der eigene Betrieb lief parallel weiter. 1987 dann stieg der Sohn Frank als Auszubildender beim Vater ein. Seit 2004 läuft die Firma dessen Namen.

    Ganz so selten wie man vielleicht denken könnte, ist der Beruf des Büchsenmachers dann auch wieder nicht: Etwa 30 Büchsenmacher gebe es momentan in Unterfranken, informiert Jürgen Triebel, Obermeister bei der Büchsenmacherinnung Süddeutschland.

    Doch was produziert ein Büchsenmacher eigentlich? „Na Mädlich“, witzelt Büchsenmacher Andreas Schneider, der seit 1999 bei Henneberger beschäftigt ist. Unrecht habe er damit nicht, bestätigt Frank Henneberger. Er selbst sei Vater zweier Töchter im Alter von elf und acht Jahren. Und er kennt weitere Büchsenmacher mit vorwiegend weiblichem Nachwuchs. Beruflich jedoch repariert, wartet, reinigt und ölt der Büchsenmacher Waffen, montiert Zielvorrichtungen. Gleichzeitig ist Henneberger auch Waffenhändler, vertreibt also Waffen und Waffenzubehör.

    Dass er wirklich ganze Waffen herstellt, das sei eher die Ausnahme, erklärt Henneberger. Die industrielle Fertigung sei natürlich mittlerweile preisgünstiger. Mehr als zwei bis drei Waffen pro Jahr würde seine Firma nicht bauen. Wenn, dann handle es sich um Einzelstücke, die nach speziellen Kunden-Wünschen gefertigt werden. Liebhaberobjekte eben. „Manche Kunden haben Spaß an ihrer Waffe wie eben ein Kind an seiner Puppe. Die holen sie abends raus, um sie zu ölen, zu putzen.“

    Einer seiner Kunden, ein Jäger, äußerte kürzlich einen ganz speziellen Wunsch: Dem Teufelskopf, der er auf seinen Doppelbüchse graviert ist, wollte er gerne Rubinen als Teufelsaugen einsetzen. Doch Henneberger hatte eine bessere Idee: Er schlug vor, Löchlein hineinzubohren, einen Lichtleiter hineinzulegen und eine rote LED dahinter zu setzen. „Dann blitzen die Augen, wenn man einen kleinen Schalter bewegt.“ Seine Mitarbeiter sind gerade dabei, sich an dieser eher ungewöhnlichen Lösung zu versuchen.

    Nur ein Viertel von Hennebergers Kunden sind Jäger und Sportschützen. Die restlichen Aufträge kommen von anderen Büchsenmachern oder Waffenhändlern im In- und Ausland. Denn seine Firma könne Arbeiten ausführen, die andere nicht machen könnten – weil denen die Maschinen fehlen oder das Know-How. Da komme der Firma die breit gefächerte Ausbildung des Vaters zugute.

    Sieben Personen arbeiten mittlerweile in Hennebergers Firma. Dass man expandieren konnte, hängt nicht in erster Linie mit den Büchsen zusammen. Im Jahr 2000 hat der Betrieb ein CNC-Bearbeitungszentrum erworben und sich damit ein zweites Standbein geschaffen. Der Fräsbereich produziert eigene Produkte sowie in Lohnarbeit Teile für den Maschinen- und Fahrzeugbau. Zwei Drittel seines Umsatzes generiert Henneberger mittlerweile durch die Fräsarbeiten, ein Drittel mit der Büchsenmacherei.

    „Die Arbeit ist nicht knapp“, sagt der 38-jährige Münnerstädter, „allein von der Büchsenmacherei hätten wir gut leben können. Ich könnte dann halt nicht sechs weitere Leute beschäftigen.“ Er sagt auch: „Es gibt sicherlich zukunftsträchtigere Berufe. Andererseits wird wohl immer gejagt werden. Also wird es auch immer Waffen geben.“

    Dass die Gesellschaft momentan besonders sensibel auf das Thema Waffen reagiert, spürt auch der Büchsenmacher Henneberger. Immer wieder, etwa im Bekanntenkreis, wird er auf die Amokläufe angesprochen. Dass Menschen Waffen verteufeln, kann Henneberger, der selbst weder jagt, noch im Schützenverein ist und nicht einmal eine seiner eigenen Waffen im Haus hat, nicht verstehen: „Eine Waffe ist wie ein Werkzeug. Es kommt immer darauf an: Wer benutzt es und wozu?“ Und er argumentiert weiter: „Wenn einer mit dem Auto überfahren wird, sagt man auch nicht: Das Auto ist schuld, sondern der, der gefahren ist.“

    Dass künftig die Waffenaufbewahrung strenger geregelt wird, findet er allerdings gut. Mit dem seit Juli geltenden neuen Waffenrecht hat Henneberger auch den ein- oder anderen Auftrag hinzubekommen: Besonders häufig ließen Kunden in den letzten Monaten ihre Waffen unbrauchbar machen, also die Waffe zum Dekorationsstück umzufunktionieren. Das geschieht beispielsweise indem der Büchsenmacher den Lauf aufbohrt.

    Noch bis Silvester wird Henneberger wohl mit diesen Arbeiten zu schaffen haben. Bis dahin können nämlich Besitzer illegaler Waffen diese straffrei abgeben oder auf diese Weise entschärfen. Auch Besitzer legaler Waffen müssen künftig damit rechnen, dass

    die sichere Aufbewahrung überprüft wird. Manch einer entscheide sich da lieber fürs Unbrauchbarmachen als für den teueren Waffenschrank, so Henneberger.

    Mit seiner Berufswahl ist Henneberger mehr als zufrieden. „Schon als ich Kind war, war klar, dass ich in die Fußstapfen des Vaters trete.“ Spannend findet er, dass die Arbeiten so abwechslungsreich sind: Man müsse sich mit Holz, Metall, Optik auskennen und habe noch dazu mit dem Endkunden zu tun. „Büchsenmacher ist einfach etwas Besonderes, kein Allerweltsberuf.“

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