(old) „Jetzt geht es ans Eingemachte.“ Dr. Antonius Lülf arbeitet seit 30 Jahren als niedergelassener Internist in Bad Kissingen und versteht die Welt nicht mehr. „Ist denn meine Leistung wirklich so schlecht im Vergleich zu einer Autowerkstatt“, kritisiert er die so genannten Regelleistungsvolumina für Behandlungen, die eine wirtschaftliche Führung von Praxen kaum mehr möglich erscheinen lassen.
40 Euro bekomme er für einen Patienten im Vierteljahr, der gleichzeitig jede Woche eine Infusion erhalte, die mehrere 100 Euro teuer ist, schilderte er beim Pressegespräch im Hotel Tilman beispielhaft die Situation, in der sich viele seiner Kollegen seit der neuerlichen Gesundheitsreform befänden. Dieses Verhältnis stimme einfach nicht mehr.
Mit einer Plakataktion in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld als Teil des bayernweiten Aktionstages am Dienstag wollten Lülf, Dr. Dr. Klaus Deuchert, Dr. Franz Köber (beide Bad Kissingen) und Dr. Helmut Klum (Bad Neustadt) auf die aus ihrer Sicht unhaltbare Lage der niedergelassenen Fachärzte aufmerksam machen. Falls sich nichts ändere, drohen Zustände wie in anderen europäischen Ländern.
Wie etwa in Skandinavien, wo dringend behandlungsbedürftige Patienten beispielsweise Monate auf eine neue Hüfte warten müssten. Alle vier sehen die flächendeckende Versorgung und die freie Arztwahl in Gefahr, wenn sich nichts ändere. Praxisschließungen und Nachfolgeprobleme, wie sie jetzt schon zu beobachten seien, wären die Folge. Bislang habe man die Forderung der Berufsverbände nach einer Rationierung der Behandlung nicht umgesetzt, betonte Deuchert, über kurz oder lang werde man aber nicht darum herumkommen. Gerade deswegen setze man sich jetzt zur Wehr, um sich dann nicht dem Vorwurf auszusetzen, nicht frühzeitig auf die Barrikaden gegangen zu sein.
Drei Motive zeigen die nicht ganz zufällig in den Farben blau und gelb gehaltenen Plakate, auf denen einer Staatsmedizin die Absage erteilt und vor Praxenstreben gewarnt wird. Insgesamt 1500 dieser Plakate und weitere großflächige schwarz-weiß-Plakate haben die Ärzte selbst finanziert. Sie sollen jetzt vor allem vor der Europa- und dann später auch vor der Bundestagswahl im Herbst auf Litfaßsäulen und großen Plakatwänden auf die Sache der Fachärzte aufmerksam machen.
Wie sie mehrfach beim Pressegespräch betonen, fordern sie eine Rückkehr zum alten Honorarsystem, wo jener belohnt wird, der mehr arbeite und nicht nach einem unwirtschaftlichen Durchschnittswert Leistung abgewertet werde.