Sie leben nicht in Klöstern, tragen keine auffällige Ordenstracht, arbeiten wie normale Berufstätige, leben als Menschen unter Menschen, zumeist mit Randgruppen und Benachteiligten: die Kleinen Schwestern Jesu.
Die Gemeinschaft gibt es bereits seit 1939, seit 1964 ist sie von der römisch-katholischen Kirche als Orden anerkannt. Zur Gemeinschaft gehören heute etwa 1400 Mitglieder und Konvente in 70 Ländern der Erde. Nun waren 40 Schwestern im Alter zwischen 32 und 90 Jahren im Jugendhaus am Dicken Turm zusammengekommen, pflegten drei Tage lang ihre Gemeinschaft und berieten über zukünftige Wegweisungen.
Dabei ging es insbesondere auch um eine organisatorische Zusammenlegung der deutschen und österreichischen Schwesterngemeinschaften. Beim Gespräch mit dieser Zeitung herrschte eine gelöste, heitere und sehr offene Stimmung. Aufbruchstimmung schon, denn kurze Zeit später endete das Treffen und die Gemeinschaft Gleichgesinnter zerstreute sich wieder in alle Himmelsrichtungen.
Schwester Monika Mirjam aus Klagenfurt, Schwester Mjriam Johanna aus Halle und Schwester Ulrike Dorothea aus München, standen Rede und Antwort – es war ein kurzweiliges Gespräch. Ihre Ordensgemeinschaft gründet sich auf das Leben und Wirken des früheren Trappistenpaters Charles de Foucauld, der es zu seinem Lebenswerk gemacht hatte, in Algerien unter Nomaden, Hirten, Tuareg durch sein christliches Leben Zeugnis abzulegen. 2005 wurde Charles de Foucauld von Papst Benedikt XVI. selig gesprochen.
Die eigentliche Ordensgründerin Madeleine Hutin (1898-1989) stammte aus Elsass-Lothringen, verlor im Ersten Weltkrieg fast ihre ganze Familie, erkrankte als Kind an Lungentuberkulose. Sie begeisterte sich schon früh für das Leben der afrikanischen Nomaden und fühlte sich stark vom Leben und den Schriften Charles de Foucaulds angesprochen. Ihre Erfahrungen und Arbeiten mit wohlhabenden und mittellosen Kindern öffnete ihr Herz für Menschen am Rande der Gesellschaft.
Lange Zeit durch ihre schlechte Gesundheit behindert, brach sie 1936 mit einer Gefährtin in die Sahara auf, nachdem ihr der Arzt ein Leben in trockenem Klima empfohlen hatte. Sie lebten zwei Jahre bei einer Gruppe verarmter, muslimischer Nomaden; 1938 machten sie bei den Weißen Schwestern von Algier ein kanonisches Noviziat und legten 1939 die zeitliche Profess ab.
Madeleine Hutin nahm den Ordensnamen Kleine Schwester Madeleine von Jesu an und gründete bald die erste Schwestern-Gemeinschaft. Nach dem Krieg schlossen sich zahlreiche Frauen unterschiedlicher Herkunft der jungen Gemeinschaft an, die sich ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch Lohnarbeit in Fabriken sicherte. Sie lebten mit Fabrikarbeitern, mit fahrenden Leuten, bei Kriegsflüchtlingen, in Elendsvierteln.
Ab 1957 breitete sich die Gemeinschaft auch außerhalb Frankreichs und Algiers aus. Wie die drei jungen Schwestern erzählten, ist der überwiegende Teil ihrer Mitschwestern zwar schon fortgeschrittenen Alters, doch gibt es gerade in Deutschland wieder Nachwuchs. In ihrer Ordensgemeinschaft werden ebenso wie in anderen drei Gelübde abgelegt, sie leben in kleinen Gemeinschaften in angemieteten Wohnungen, mitten unter den Menschen und oft als Ordensschwestern unerkannt. Alle haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, arbeiten aber zumeist in ganz anderen Berufen, in Fabriken und Betrieben.
Sie suchen und finden die Gottesbegegnung nicht nur in ihrer Glaubensgemeinschaft, sondern unter den Menschen, leben mitten in der Welt im Gebet und ihren Glauben. Sie tragen „Blau“, eine schlichte, kaum auffallende Ordenstracht in Anlehnung an den „Blaumann“ der Arbeiterklasse. Ihre Spiritualität besteht darin, „das Kind von Bethlehem, das in Einfachheit und ohne Macht zu uns kommt, als Herzensmitte zu betrachten“.