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MÜNNERSTADT: Die Kopie der Maria Magdalena

MÜNNERSTADT

Die Kopie der Maria Magdalena

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    „Tilman Riemenschneider ist mein künstlerisches Vorbild“, sagte Lothar Bühner. Er halte es für ein besonderes Erlebnis, die Meisterwerke dieses Künstlers im Magdalenenaltar zu bestaunen. Ebenso sei es eine Freude, ein Werk Riemenschneiders zu kopieren oder dem Stil des großen Meisters entsprechend Neues zu schnitzen, wie etwa die in Verbindung mit dem Rhöner Krippenweg präsentierte Lindenholz-Krippe.

    Ein künstlerischer Höhepunkt seiner Holzschnitzer-Laufbahn, dazu eine enorme handwerkliche Herausforderung sei der Auftrag der Magdalenen-Pfarrei Münnerstadt unter dem damaligen Stadtpfarrer Hugolin Landvogt gewesen.

    1,86 Meter großes Original

    Der lautete, die Maria Magdalena – das 1,86 Meter große Original steht im Bayerischen National-Museum München – die vier Evangelisten (im Museum in Dahlem (heute Museumsinsel) und zwei Relieftafeln für den Flügelaltar zu kopieren.

    Der damalige Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums habe seine Bewerbung mit den Worten kommentiert: „Sie kommen aus der Provinz und meinen, diese schwierige Arbeit in nur neun Monaten abschließen zu können?“

    Unter erschwerten Bedingungen, durch nicht vorhersehbare Vorschriften und Auflagen der Museumsleitung, begann Lothar Bühner im September 1976 mit seiner Kopie der Magdalena.

    Nicht nur die ihm von allen Seiten entgegengebrachte Skepsis habe ihm die Arbeit schwer gemacht, sondern auch die hohe Luftfeuchtigkeit in den Räumen, die das Lindenholz zäh machte und die Schnitzeisen rosten ließ.

    Das Original war mit einer Versicherungssumme von sechs Millionen Dollar versichert. Aus diesem Grund habe er wohl nur während der offiziellen Besuchszeiten bei Publikumsverkehr im Riemenschneidersaal arbeiten dürfen.

    „Tilman Riemenschneider ist mein künstlerisches Vorbild“

    Lothar Bühner Holzschnitzer

    Ein Architekt musste das Gerüst für seine Arbeitsplattform entwerfen, außerdem musste das Original durch eine Glasschiebetür von der Kopie getrennt werden. Eine nicht annehmbare Auflage sei die Forderung des Museums gewesen, die Kopie einige Zentimeter kleiner als das Original herzustellen. Eine Kopie aber könne nur im Maßstab 1:1 mit Hilfe eines Punktiergerätes – in der Fachsprache Storchschnabel genannt – ausgeführt werden, unterstrich Bühner.

    Täglich sei der Arbeitsfortschritt von einem Experten für Gotik und Riemenschneider beurteilt worden. Nach drei Wochen kam der Generaldirektor selbst, um seine Arbeit zu begutachten. Seine Reaktion bestand in den Worten „unbandig, unbandig“.

    Von diesem Moment an habe er eine andere, positive Stimmung gegenüber seiner Arbeit feststellen können.

    Sechs Engel kopiert

    Im Frühjahr 1977 begann Bühner mit dem Kopieren der sechs Engel, die die Magdalenen-Plastik ergänzen. Danach wurden alle Kopien geröntgt, um eine Verwechslung mit den Originalen auszuschließen, so der Meister. 1978 bekam Lothar Bühner den Auftrag, die vier Evangelisten im Museum Dahlem in Berlin und 1991 die beiden Relieftafeln für den Flügelaltar zu kopieren. Das Original des Reliefs „Begegnung Christi mit Maria Magdalena“ befand sich damals im Museum Dahlem, das Relief „Das Gastmahl des Simon“ im Bayerischen Nationalmuseum. Auch alle diese Kopien sind laut Bühner vor Ort entstanden.

    Madonnen-Plastik

    Zur Vervollständigung des Münnerstädter Riemenschneider-Altares habe er 1997 nach seinem Entwurf und im Stil Riemenschneiders eine Madonnen-Plastik geschaffen, die die verschollene Marienfigur (in alten Handschriften als ein „Hübsch Marienbild“ bezeichnet) ersetzen sollte.

    Als vor einigen Jahren anlässlich der großen Riemenschneider-Ausstellung mit den Frühwerken des Meisters im Mainfränkischen Museum in Würzburg die Ausleihe der Magdalenengruppe aus dem Bayerischen National Museum abgelehnt wurde, wurde seine Kopie vom Magdalenenaltar geholt und statt des Originals ausgestellt.

    Der damalige Direktor des Museums habe ihn mit folgenden Worten begrüßt: „Herr Bühner, Sie sind der erste Lebende, der hier ins Museum einzieht.“

    Dass der Altar heute wieder in seiner ganzen Fülle zu bestaunen ist, sei besonders Pater Hugolin Landvogt zu verdanken. Er habe, so Bühner, trotz aller Widerstände der Museumsleitung in München nie aufgegeben.

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