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RANNUNGEN: Ein tierisches Traumpaar: Billy und Luise

RANNUNGEN

Ein tierisches Traumpaar: Billy und Luise

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    Als Ludwig Kiesel am ersten Sonntag des Septembers frühmorgens den Stall öffnete, in dem das Federvieh die Nacht über untergebracht ist, damit sie nicht der am Talweg lebende Meister Reinecke holt, empfing ihn eine aufgeregt schreiende Luise. Ferdinand war tot – so hieß der Ganter, mit dem die Graugans Stall, Futter und Wasserbassin teilte. Allerdings hatte nicht der Fuchs die Gans geholt, wie im Jahr zuvor zwei chinesische Laufenten, Ferdinand war im zarten Gänsealter von nur sechs Jahren eines natürlichen Todes gestorben. Manche Gänse werden 20 und mehr Jahre alt.

    Auch Kiesel zeigte sich geschockt. Nicht nur weil Gans und Ganter zusammen mit Dackel Aska doch wieder am Festzug des Münnerstädter Heimatspiels hätten teilnehmen sollen. Seit elf Jahren sind Kiesel, seine Frau Eleonore und die elfjährige Enkelin stets dabei, wenn die Schweden wieder einmal die Stadt einnehmen wollen. Ludwig Kiesel flieht mit den Althäusern, seine Frau ist in der Rosenkranzbruderschaft und die Enkelin in der Mädchengruppe.

    Untröstliche Luise

    „Luise war in den folgenden Wochen untröstlich, hat immer wieder nach ihrem Ferdinand geschrien“, erzählt Eleonore Kiesel im Gespräch mit der Main-Post. Lange konnte die Frau dem Elend nicht zusehen. Alsbald setzte sie alle Hebel in Bewegung, um für Luise wieder einen Partner zu finden. Im Tierheim Wannigsmühle bei Wermerichshausen wurde sie schließlich fündig. Dort war Billy, ein stolzes Höckergans-Männchen, gut vier Wochen zuvor bei den Ziegen eingezogen. Tierheimleiterin Ursula Böhm hatte das Tier aus einem Bauernhof in Strahlungen, der aufgelöst worden war, in Pflege genommen.

    Würden sich aber Luise und Billy vertragen? Schließlich gelten Gänse, ganz wie ihre nahen Verwandten, die Schwäne, als monogam. Wenden sich also bei Verlust eines Partners nicht so mir nichts dir nichts einem anderen zu. Kurzerhand packten die Kiesels ihre Gans ins Auto und fuhren ins Tierheim. Nach zwei Stunden, in denen sich das Federvieh ausgiebig kennenlernen konnte, war die bange Frage beantwortet. Die beiden mochten sich.

    Vollendeter Kavalier

    Mittlerweile sind sie unzertrennlich. Billy, ganz Kavalier, lässt Luise stets den Vortritt, wenn Kiesel, der im übrigen die Main-Post in Rannungen austrägt, wieder einmal ein paar leckere Salatblätter über den Maschendrahtzaun wirft. Erst dann bedient sich Billy und erst dann dürfen sich die Enten, die mit Ehepaar Gans unter einem Dach wohnen, um die Reste streiten.

    Doch wieder zurück zum Tierheim: Nach der Schnupperphase stand einer gemeinsamen Zukunft nichts mehr im Wege. Ludwig Kiesel musste Ursula Böhm nur noch hoch und heilig versprechen, dass Billy alle künftigen Martinstage und Weihnachtsfeste unbeschadet überstehen würde, dann ging es ab nach Rannungen. Wobei – Kiesel könnte Billy sowieso keine Feder krümmen. Zu tief sitzt das Erlebnis mit Luise, die – damals erst ein Dreiviertel Jahr alt – für die Hauptrolle beim Weihnachtsschmaus vorgesehen war.

    Als Kiesel – solche Arbeiten müssen immer die Männer erledigen – dann mit dem Beile unter dem Gewande zur Luise schlich, brachte er es einfach nicht übers Herz, das Tier zu meucheln. So ganz ohne Braten musste die tierliebe Familie dann doch nicht auskommen, wie Kiesel zugibt. „Wir haben uns eine aus der Tiefkühltruhe gekauft“.

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