(lena) Punkt 9 Uhr am Sonntag hatte sich eine stattliche Anzahl an Riedenbergern am Kappellchen zu einer Grenzbegehung getroffen. Unter ihnen einige Gemeinderäte, Bürger aus Riedenberg und Römershag und Feldgeschworene aus beiden Dörfern.
Anfangs geht es steil den Gerstenberg hinauf. Mitten durch den Wald, abseits der Wege. Gemarkungsgrenzen halten sich nicht an die Wege. Die Gruppe macht Halt an einem Grenzstein. Feldgeschworener Ernst Wolf erklärt den Grenzverlauf. Links unten im Tal verläuft die Disbach, die Grenze zwischen Römershag und Riedenberg. Es geht weiter den Berg hinauf, entlang der Grenze zwischen Staatsforst und Gemeindewald.
Die Grenzsteine sind für die Begehung extra frei geschnitten worden. Wolf war mit seinen Feldgeschworenenkollegen die Strecke abgegangen und hatte die Steine auch farblich markiert. Auf jedem Stein steht „KW“, was für „Königlicher Wald“ steht, denn die Grenzsteine stammen aus der Zeit, als Bayern noch ein Königreich war.
Manchmal lassen sich die Gemarkungen auch ohne die Grenzsteine ausmachen, sagt Günter Koch. Steinwälle oder Baumgrenzen waren früher Grenzen. Ein geübtes Auge erkennt dies.
Früher war vieles anders. Da wurden die Grenzsteine noch mit einer Richtschnur ausgemessen, minimale Vermessungen waren möglich. Heute sind sie alle digital erfasst und können mit GPS gefunden werden. Aber in Plänen waren sie schon immer verzeichnet. Früher wurden sie vom Vermessungsamt mit Hand gezeichnet, heute sind es Luftaufnahmen, die aus dem Hubschrauber gemacht werden.
In 525 Meter Höhe angekommen macht die Gruppe eine kurze Rast. Riedenberg liegt auf 400 Meter.
Feldgeschworener, oder Siebener, wie er im Volksmund genannt wird, ist man ein Leben lang. Man wird für dieses Amt vom Gemeinderat bestellt. In Riedenberg gibt es zehn Feldgeschworene, sagt Bürgermeister Robert Römmelt. Eigentlich seien es immer nur sieben, aber manche könnten aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt nicht mehr ausüben.
Um die Feldgeschworenen ranken sich Legenden. Man sagt, dass sie unter die Grenzsteine einen Gegenstand legen. Günter Koch erzählt, dass in manchen Gegenden ein Ziegelstein gelegt werde, in anderen ein Magnet. Was es wirklich ist, wissen nur die Feldgeschworenen, und die sind verschwiegen.
Die erste Grenze in der Gegend um Riedenberg geht auf das 16. Jahrhundert zurück, weiß Günter Koch. Das war die Abgrenzung der Bistümer Würzburg und Fulda. Seit dieser Zeit gebe es auch immer wieder Grenzbegehungen. Denn Grenzsteine bewegen sich. Sei es durch die Erdrotation oder die Lage an einem steilen Hang, wo sie abrutschen können.
Weiter geht die Grenzbegehung steil bergab in Richtung Disbachtal. 1557 ließ Forstmeister Götz dort eine Mühle bauen. Der Bischofsheimer Amtmann erhob dagegen Einspruch, die Mühle wurde trotzdem gebaut. Die Disbachsmühle sollte zu Oberriedenberg gehören. Dort wollte man sie aber nicht haben, weil die Mühlenbesitzer verarmt waren und es im Dorf genügend arme Leute gab. Im Laufe der Zeit wechselten die Besitzer oft. Zuletzt wurde die Mühle von der Familie Rehm bewohnt, die sie an Heinrich Büchner für 2000 Reichsmark verkaufte. 1959 erbte Emma Schmitt die Mühle, von der heute nur noch die Grundmauern stehen. Zuletzt gehörte die Disbachsmühle zu Rothenrain. 1938 wurden die Mühle und der Ort abgesiedelt.
Die Gruppe setzt ihre Grenzbegehung durch das Disbachtal Richtung Sinntal fort. Am Sportheim endet der Grenzgang bei einer Brotzeit.