Die Zehntscheune, das imposante Gebäude gegenüber der Magdalenen-Pfarrkirche in Münnerstadt, war einst Speicher, Volksschule, Bleibe fürs Rote Kreuz, Feuerwehr-Gerätehaus sowie einige Jahre Unterkunft für Heimatvertriebene. Sie ist heute Domizil der Musikschule, der Feuerwehr, der Stadtkapelle und des Jugendblasorchesters sowie der Heimatspielgemeinde und des Stadtarchivs. 30 Jahre liegt die Wiedereröffnung der Zehntscheune nach der Totalsanierung in den Jahren 1978 bis 1981 zurück.
Stadtarchivar Klaus-Dieter Guhling erinnert an die Bedeutung des historischen Bauwerkes für die Stadt. 112 Jahre nach dem Umbau in eine Schule war es abermals völlig umgebaut und saniert worden. Damit habe man einen bedeutenden Beitrag zur Denkmalpflege und zur Sanierung der Altstadt geleistet, sagt Altbürgermeister Ferdinand Betzer.
Seit 1859 ist die Zehntscheune im Besitz der Stadt. Sie hatte den imposanten Speicher der Würzburger Fürstbischöfe aus dem 17. Jahrhundert für 6000 Gulden von der Bayerischen Finanzverwaltung gekauft, um die permanente Schulraumnot in der Stadt zu beheben.
1878 baute die Stadt das Haus zur Schule mit Lehrerwohnungen um. Dafür musste die Stadt noch einmal gut 8000 Gulden lockermachen. Schulhaus war die Zehntscheune knapp 100 Jahre, bis 1962, bis der erste Abschnitt des neuen Schulhauses in der Schützenstraße zum Einzug der Volksschule zur Verfügung stand, erläuterte Guhling.
Seit 1962 war dann das Haus mehr und mehr dem Verfall preisgegeben. Das und die völlig veraltete Einrichtung, unter anderem die unsichere Haupttreppe, unzureichende Sanitär- und Elektro-Einrichtungen waren Grund für Umbau und Sanierung ab 1978, erinnert sich Betzer.
Weder für die Rettungssanitäter noch für die Floriansjünger seien in der Zehntscheune Waschgelegenheiten und Toiletten vorhanden gewesen. Sie hätten ihren Dienst für die Allgemeinheit unter menschenunwürdigen Bedingungen geleistet, so der Altbürgermeister. Auch die Fassade des für die Stadtansicht unverzichtbaren Gebäudes war vom Zahn der Zeit stark angegriffen.
Menschenunwürdige Bedingungen
Die günstige Finanzierung der Sanierung, die Bedeutung der in der Zehntscheune untergebrachten Einrichtungen, der Gedanke an einen wichtigen Beitrag für die Reaktivierung der Altstadt und die Denkmalpflege waren Gründe, die den Stadtrat 1978 veranlassten, die Sanierung zu befürworten, erinnert sich Betzer.
Die Maßnahme habe an das städtische Bauamt unter Horst Anlauf, die Architekten Wolfgang Blümlein (Münnerstadt) und Wolfgang Binder (Bad Neustadt) sowie an die 26 beteiligten Firmen erhebliche Anforderungen gestellt.
Begleitet vom Landesamt für Denkmalschutz, von der Regierung von Unterfranken und vom Landkreis Bad Kissingen, konnte der Umbau nach Vorgaben des Denkmalschutzes durchgeführt werden. Zu den Fördergeldern von 1,6 Millionen Mark musste die Stadt 800 000 Mark zuschießen. Zur gleichen Zeit waren der Bau des Sportzentrums, die neue Straßenbeleuchtung in der Altstadt, die Neugestaltung des Angers und die Dorfsanierung in Brünn im Gange, blickt Betzer zurück.
Seit 1981 haben die Städtische Musikschule und das Jugendblasorchester ihre Heimat in der Zehntscheune. Ein weitsichtiger Beschluss sei es gewesen, das Stadtarchiv ebenfalls in der Zehntscheune anzusiedeln, so Klaus-Dieter Guhling.
Die Aktenbündel aus dem damaligen Stadtarchiv, einer kleinen Kammer im Deutschordensschloss, geführt von Pater Thomas Beckmann, zogen um. Die Stadt war nach der Gebietsreform außerdem verpflichtet, die Archive der Stadtteile zu übernehmen, so Guhling. Dem Archiv wurde ein langer Raum im zweiten Stock des Gebäudes zugewiesen, das Josef Willmann als Stadtarchivar neu einrichtete. Seine Aufgabe war es, die dazugekommen Dorf-Archivalien einzugliedern.
Im August 1987 übernahm Klaus-Dieter Guhling das Archiv. Bis dahin war noch keine Sammlung zusätzlicher Materialien, etwa von Zeitungsausschnitten, Fotos, Plakaten, Festschriften und heimatkundliche Literatur, erfolgt. Diese Sammlung sieht Guhling als seinen Verdienst an. Wie ein Hamster hat er Material zusammengetragen und mit Hilfe einiger Hilfskräfte archivierte.
Dadurch wurde der Raumbedarf größer. Das Archiv wurde um die frühere Kleiderkammer des Jugendblasorchesters und das Gauturn-Archiv des Rhön-Saalegaus erweitert. „Ich musste mir einen Raum nach dem andern erkämpfen und konnte inzwischen auch schon einen Teil des Kellers dazugewinnen“, so Guhling.
Heute sei über jedes Thema Stoff vorhanden, einiges bereits digitalisiert. „Dadurch wurde viel Geschichte erhalten und eine geschichtliche Infrastruktur für Münnerstadt geschaffen“, meint Ferdinand Betzer.
Die Zehntscheune steht nach Recherchen des ehemaligen Stadtarchivars Josef Willmann an dem Ort, an dem um das Jahr 800 die Grabfeldonoburg gestanden haben könnte. Um 1190 stand hier eine Burg der Henneberger, auf deren Ruinenresten gegen Ende des 17. Jahrhunderts der gewaltige Speicher des Fürstbistums Würzburg errichtet wurde.