Wenn sie ins Klassenzimmer kam, herrschte Ruhe. Und gespannte Aufmerksamkeit. Ob in der Unterstufe oder bei den Kollegiaten des Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasiums. Anna Johanna Guhling war Pädagogin mit Leib, Herz und Seele. Am Freitag hat ihr Herz aufgehört zu schlagen, nur wenige Tage nach ihrem 73. Geburtstag.
Generationen von Schülern hat sie in ihrem 36-jährigen Wirken am Schönborn-Gymnasium in Latein und Deutsch unterrichtet. Und nicht wenigen wahren Spaß selbst am sperrigen Latein vermittelt. Anna Johanna Guhling liebte ihre Schüler, den Klassenprimus genauso wie den Repetenten. Sie freute sich ungemein mit einem, der sich von fünf auf vier in Latein verbesserte – und brachte dafür auch schon Mal ein Glas Honig als Belohnung mit. Die Vermittlung der Bildungsstoffe an die ihr anvertrauten Schülergenerationen war ihr ein wirkliches Herzensanliegen. Anna Johanna Guhling war als Pädagogin immer konsequent, aber auch sehr liebevoll und vor allem in der Unterstufe – ja man darf es genauso beschreiben: mütterlich. Und das empfanden nicht nur ihre vier eigenen Kinder so, die alle am Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasium die Reifeprüfung ablegten.
Diese Konsequenz und Verlässlichkeit haben nicht nur ihre Schüler bis hoch in die Abiturjahrgänge geschätzt, auch ihr Dienstherr quittierte ihre fachlichen Fähigkeiten, die durchwegs über dem Durchschnitt lagen, unter anderem 1991 mit der Fachbetreuung Deutsch und 1993 mit der Ernennung zur ständigen Stellvertreterin des Schulleiters. Und in einer schwierigen Phase der Schule, als im Juni 1997 Schulleiter Hans-Joachim Friedrich durch einen Verkehrsunfall plötzlich aus seinem Leben und aus der Mitte des Gymnasiums gerissen wurde, übernahm Anna Johanna Guhling Verantwortung. Sie führte die Schule mit großer Umsicht, viel Fingerspitzengefühl und organisatorischem Talent, bis im Oktober 1997 Gert Weiß als Schulleiter nach Münnerstadt kam.
Als Anna Johanna Guhling 2002 in die Freistellungsphase der Altersteilzeit ging, konnte sie auf ein erfülltes Berufsleben zurückblicken. Sie hatte sich unermüdlich für ihre Schule und ihre Schüler eingesetzt, während ihrer Dienstzeit vier Kinder geboren und groß gezogen und beide Omas in Reichenbach, wo die Familie seit 1973 zuhause ist, über Jahre gepflegt. Zuletzt aber brauchte sie selbst Unterstützung, eine sukzessiv voranschreitende Herzschwäche hinderte sie an den geliebten Spaziergängen mit ihrem Mann Klaus Dieter durch das Dorf. Aber selbst im Rollstuhl bewahrte sie immer ihr gütiges Lächeln.
Die Beisetzung findet am Montag, 22. Juli, um 14 Uhr im Friedhof Reichenbach statt. Anschließend ist Requiem in der Kirche.