Die Kleinwenkheimer wissen schon länger, dass ihre Kirche stark vom Holzwurm heimgesucht ist. An den zahlreichen kreisrunden kleinen Ausflugslöchern und den Holzmehlhäufchen an Bänken und Empore ließ sich unschwer erkennen, dass sich der Gewöhnliche Nagekäfer (Anobium punctatum) überall mit seiner übermächtigen Verwandtschaft eingenistet hat. 2017 kam Bewegung in die Sache. Eine Fachfirma für Schädlingsbekämpfung begutachtete das Innere des ursprünglich 1588 erbauten Gotteshauses und stellte fest, dass eigentlich alles Holz dort von dem gemeinen Nagewurm befallen ist. Am 23. April wird das Gotteshaus nun bis in die kleinste Ritze abgedichtet, um in den Folgetagen den Holzwurm mitsamt der Larven auszuräuchern. St. Nikolaus bleibt mindestens bis 27. April geschlossen.
Die Verkleidung der Orgel sowie die hölzerne Empore samt Treppe sind am stärksten betroffen, sagt Pfarrgemeinderatsvorsitzender Ludwig Glückert auf Anfrage. „Am Sonntag nach dem Gottesdienst wird erst mal das aus der Kirche ausgeräumt, was durch das Gas Schaden nehmen könnte“, sagt Glückert und meint damit in erster Linie Pflanzen. Am Montag beginnt die Firma Binker Materialschutz GmbH (Lauf) damit, Fenster und Türen dicht zu machen. Nach erfolgter Dichtheitsprüfung erfolge die Begasung der Holzschädlinge. Am Freitag soll das Gotteshaus wieder geöffnet werden. „Ob wir am Samstag dann schon wieder unsere Vorabendmesse halten können, wissen wir noch nicht“, sagt Glückert.
Plakate mit Infos
Am 6. März gab das Landratsamt die Genehmigung zu dieser groß angelegten Maßnahme, sagt Kirchenpflegerin Heidrun Vorndran. Freilich nicht ohne sich zuvor mit dem Bischöflichen Ordinariat in Würzburg, mit der Stadt Münnerstadt und den staatlichen Behörden für Denkmalschutz und Naturschutz abgesprochen zu haben. Vorndrans Aufgabe war es in den jüngsten Tagen, die Kleinwenkheimer mittels Plakatanschlägen und in Gesprächen über das, was ansteht, zu informieren.
Der sorgfältig ausgearbeitete Einsatz der Schädlingsbekämpfer flößt ihr durchaus Respekt ein. Zum Beispiel müssen alle, die einen Schlüssel zur Kirche haben, diesen an den Leiter der Begasung abgeben, sagt sie. „Damit auch wirklich niemand in die Kirche geht.“ Auch der Friedhof bleibt zeitweise gesperrt. „Für mich am wichtigsten ist, dass die Leute das beachten und sich nicht über die Sperrbänder hinwegsetzen.“
Maßnahme ohne Rückstände
Pro Jahr geht die Firma Binker in 180 Objekten gegen Schädlinge vor. „80 bis 90 Prozent davon sind Kirchen“, sagt Geschäftsführer Joachim Binker im Gespräch mit dieser Redaktion. In Kirchen könne man den Schädling eigentlich nur durch Gas austreiben. Denn dann würden der Goldguss und die Farben von Figuren und Bildern im Kircheninneren keinen Schaden nehmen. Als weiteren Vorteil sieht Binker die Tatsache, dass nach der Begasung alles vor Ort rückstandsfrei sei. Das Gas verfliege relativ schnell. Nichts müsse dekontaminiert werden.
Das Gas wird durch Schlauchleitungen ins Kircheninnere geleitet und dort mit Ventilatoren verwirbelt, erklärt Binker die Vorgehensweise. Drei Tage bleibe es im geschlossenen Raum. Am vierten und fünften Tag werde es abgesaugt und man könne bereits lüften. Obwohl während der Begasung nichts nach außen dringen könne, sei die Sperrung rund um die Kirche dann besonders sinnvoll, wenn gelüftet wird, sagt Binker.
Dachstuhl auch schon entwurmt
Ist der Holzwurm erst einmal ausgemerzt, haben die Kleinwenkheimer normalerweise erst mal 50 bis 70 Jahre ihre Ruhe, weiß der Firmenchef aus Erfahrung. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass der gemeine Nagewurm in dem Gotteshaus sein Unwesen treibt. In der Chronik der Kirche steht vermerkt, dass ein gewisser Generalvikar Brander 1959 an das katholische Pfarramt des Ortes schrieb, dass die Kirche dringend renoviert und der Dachstuhl entwurmt werden müsse. Offensichtlich stand aber in den darauf folgenden Jahren zunächst der Neubau der Sakristei auf dem Plan. Erst im Jahr 1977 setzte Pfarrer Raphael Morawin die Instandsetzungsarbeiten fort und nahm unter anderem auch die Entwurmung des Dachstuhls in Angriff.