Der Geruch von gebratenem Hähnchen liegt in der Luft. Und das nicht erst seit gestern. Seit 54 Jahren ist das Leimbachstübchen in der Leimbachstraße die erste Adresse für rustikale Feinschmecker. „Dieser Geschmack!“, schwärmt Fritz Knüttel, der mit seinen Kaffeefreunden zu den Stammgästen zählt. „Der ist einmalig auf der ganzen Welt.“ Doch am 25. Mai öffnet das Leimbachstübchen zum letzten Mal seine Türen. „Wir bedauern das sehr“, ist sich die Runde der Kaffeefreunde einig.
Traditionsrezept der Mutter
Begründet haben das urige Stübchen Eugenie und Heinz Müller, die Eltern der Frau, die noch heute die Hähnchen nach dem Rezept ihrer Mutter zubereitet. Ingrid Penner steht an der Spüle. Hähnchen um Hähnchen wäscht sie unter fließendem Wasser ab und reibt sie dann mit der ockerfarbenen Gewürzmischung ein. „Des wollen sie alle hab'“, sagt die 66-Jährige über das geheime Traditionsrezept. Dazu kommt die Holzkohle, mit der Penner den Grill, den noch ihr Vater baute, entzündet. „Ich kenn' ja das Rezept, aber wenn ich die Hähnchen zuhause auf dem Elektrogrill mache, dann schmeckt das einfach nicht so“, erzählt Ilse Neumann, die ältere Schwester von Ingrid Penner.
Die Neumanns packen mit an, wenn die Gaststube zum Bersten voll ist. Und das ist sie jetzt jeden Abend, seitdem die Nachricht die Runde gemacht hat, dass Penner aufhört. 45 Gäste passen hinein, nachdem die Eltern im Jahr 1968 einen zweiten Raum sowie die Toiletten angebaut hatten. 1978 übernimmt Tochter Ingrid das Leimbachstübchen. Auf der Speisekarte steht genau ein Gericht: Gebratenes Hähnchen mit Bauernbrot. „Jawohl, mehr gibt's nicht!“, sagt Ingrid Penner. Und gegessen wird „mit die Händ'“. Ja, was denn sonst?
Manch einer nimmt für ein Hähnchen der Marke Penner lange Wege auf sich. „Mein Chef kommt sogar aus Rüsselsheim“, erzählt Stammgast Wolfgang Röder aus Bad Soden-Salmünster. „Ingrid besteht drauf, dass die Gäste pünktlich sind“, sagt Ilse Neumann. Denn genau eine Stunde drehen die Hähnchen am Grill, dann müssen sie runter. Und wenn nachts die letzten Gäste sitzen und sitzen, dann sitzt auch Ingrid Penner in der Gaststube – und strickt. Am 25. Mai öffnet das Leimbachstübchen zum letzten Mal seine Türen. „Es langt!“, sagt Penner. Die Rennerei werde sie sicher nicht vermissen. Und wer ihr Haus in Speicherz kennt, das im Sommer wie ein Märchen aus lauter Blumen aussieht, der weiß: Langweilig wird's Ingrid Penner nicht.