Im sonnendurchfluteten Dachgeschoss ihres Hauses in der Herrengasse 30 hängen mehr als 20 Bilder. Skizzen, von einem Schimpansen aus dem Frankfurter Zoo, Kamelen, die gemächlich umher laufen. Vier Jahre lang beobachtete die gebürtige Hessin die Tiere, zweimal in der Woche. „Zebras mögen das nicht, das war schwierig“, sagt die 60-jährige Grafikdesignerin über ihre Studien am lebenden Objekt.
Die Zebras sind längst verkauft. Ein Strauß aus dem Brückenauer Kurpark, gemalt mit Acrylfarben im Jahr 2005, und ein Reiher hängen jetzt an den weißen Wänden unter dem offenen Dachstuhl. Reiher und Affe sind mit Eisen-Gallustinte gemalt. Es ist eine alte Tinte, die ihre Farbe verändert, wenn sie mit Wasser in Berührung kommt. Je mehr Wasser, desto mehr changiert sie und das Bild rötet sich. Das Affenfell ist lila-rot gefleckt, genauso der Hals des Reihers.
„Ich finde meine Akte bekleidet gerade spannender“
Malerin Ingrid Stumpf-Storch über Transformationen eigener Bilder
Aus der Tierwelt malt sie am liebsten große Vögel und Affen, sagt Ingrid Stumpf-Storch zwei Tage vor ihrer zweiten Vernissage in Kothen. Und Besucher mögen besonders die Affen. Eisbären hatte sie in den 1980-er Jahren im Zoo in Frankfurt auch schon gezeichnet. Aber die seien längst verkauft, vor ein paar Jahren habe es einmal einen regelrechten Boom bei Tierzeichnungen gegeben.
Malen ist für Stumpf-Storch, die als freie Mitarbeiterin auch für die MAIN-POST schreibt und fotografiert, ein Prozess. Viel Gefühl, viel von ihrer Stimmung legt sie hinein und drückt sie aus in ihren Bildern. Sie probiert gerne neue Techniken, ist „neugierig auf alles“. Und kehrt dann wieder zu alten Maltechniken zurück. Auch die Farbe, die Motive werden maßgeblich bestimmt davon, wie es in ihr gerade aussieht. Zur Zeit bewegen sie Farben. Gerade mag sie es kräftig, strahlend. Der Großteil der Ausstellungsbilder ist heuer entstanden. Akte hat sie mit Acrylfarbe verwandelt: Eine Frau, die an einer Mauer lehnt, trägt jetzt einen gelben Turban und verhüllt ihren Oberkörper mit einem dunklen Tuch.
Für die Transformationen habe sie die Struktur des Aktes genutzt und weiter entwickelt. Warum sie ihre Figuren ankleidet? „Ich finde das gerade spannender.“ Fertig sei ein Bild erst, wenn es einen Liebhaber gefunden hat, der es mitnimmt. Manchmal wie bei den Akten, bleibe ein Bild gleich und verändere sich doch. Storch-Stumpf nutzt einfach alte Strukturen, um sie neu zu prägen. „Ich seh' immer noch was, und weiß vorher nie, wie es aussehen wird.“
Jeden Tag geht sie in ihr Atelier im Dachgeschoss, malt, lässt sich leiten von ihrem Inneren. Konkrete Vorstellungen gibt es nicht, genauso wenig wie Skizzen.
Auch fünf Collagen hat sie ausgewählt für ihre Ausstellung. Sie illustrieren die Geschichte des orthodoxen Juden Asher Lev aus Russland, der gegen den Willen des Vaters und Großvaters malt. Den Text zu dem Buch hat Chaem Pottok geschrieben. „Ich denke, als Vorbild hat das Leben von Marc Chagall gedient“, sagt Ingrid Stumpf-Storch. Und in Beziehung zu dem russischen Maler zu stehen, ist doch allemal eine Anerkennung.
Die Vernissage am Sonntag beginnt um 15 Uhr. Wer in den Tagen und Wochen danach kommen will, soll sich melden: TEL (0 97 48) 13 93.