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BAD KISSINGEN: Körperverletzung war nicht nachweisbar

BAD KISSINGEN

Körperverletzung war nicht nachweisbar

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    Es war eine ergreifende Verhandlung mit einem Urteil, das Bauchschmerzen hinterlässt. Vor Gericht stand ein Mann aus dem Umland von Bad Brückenau. Ihm wurde vorgeworfen, seine Frau im November vergangenen Jahres im eigenen Haus vorsätzlich verletzt zu haben. Obwohl einiges dafür spricht, dass an den Vorwürfen etwas dran ist, erhielt er Freispruch.

    Unsicher betrat die Ehefrau den Gerichtssaal. An ihrer Seite eine Mitarbeiterin des Frauenhaus, in dem die Frührentnerin jetzt lebt.

    Die Ereignisse, wie sie sich am 9. November 2012 zugetragen haben sollen, schilderte sie langsam und leise. Es war nicht das erste Mal.

    Das Amtsgericht hatte sich mit dem Fall bereits im Mai beschäftigt. Damals stand Aussage gegen Aussage. Das war auch diesmal so.

    Die Frau berichtete, dass ihr Mann früher Alkoholiker und jetzt trocken sei. Er raste aber leicht aus, „wenn er nicht seine Zigarette, Cola oder etwas anderes Süßes“ bekäme. In solchen Situationen habe er sie während der erst einige Monate dauernden Ehe mehrfach geschlagen.

    An diesem 9. November entzündete sich der Streit an einem Aschenbecher, der unauffindbar war. Gegen 10 Uhr sei der 55-Jährige die Treppe hinabgekommen und habe ihn gesucht, so die Frau. Er habe ihr die Schuld für dessen Verschwinden gegeben, sei jähzornig geworden.

    Sie saß nach eigenen Angaben auf einer Eckbank, als ihr Mann sie packte: „Er hat seine Hände um meinen Hals gelegt. Ich hab' geschrien und geschrien.“ Gestoßen und an den Handgelenken hochgerissen soll ihr Mann sie haben. Auch soll er an ihren Haaren gezogen haben. Die Frau sprach von „Schmerzen ohne Ende“ und „Todesängsten“.

    Der 55-Jährige wollte sie aus dem Haus werfen. Merkwürdig nur, dass nicht die Ehefrau, sondern der Angeklagte daraufhin die Polizei anrief. Und dass das Opfer nach dem Eintreffen zweier Beamter darauf bestand, im Haus zu bleiben.

    „Ich war nicht fähig dazu zu gehen“, sagte sie vor Gericht. Den Polizisten habe sie sich nicht anvertraut, weil der eine mit dem Angeklagten gleich per Du gewesen sei.

    Erst später, als ihr Mann weg war, wollte sie Würgemale entdeckt und zu einer Freundin in Brückenau gefahren sein. Ein Besuch beim Hausarzt unterblieb, weil er „der Bruder meines Mannes“ sei. Die Vertretung wäre ein Freund des Angeklagten.

    Dieser gab zwar wie in der ersten Verhandlung zu, dass es einen verbalen Streit gegeben habe. Tätlich angegangen habe er seine Frau nicht. Im Gegenteil: Um dies zu verhindern, habe er die Polizei gerufen.

    Um die Unstimmigkeiten zu klären, hatte die Richterin Zeugen geladen: die Polizisten, die beim Streit zugegen waren, den Dienststellenleiter, der Tage später die Anzeige aufnahm, die Freundin der Ehefrau.

    Deren Aussagen sprachen eher gegen die Geschichte des Opfers. Weder die Polizisten noch die 68-jährige Freundin hatten bei der Frau etwas von Würgemalen bemerkt oder von ihr etwas dazu gehört.

    Nicht einmal bei einer Musical-Fahrt am Tag nach dem Streit, den die Frau mit der Freundin unternahm. Die erinnerte sich auch nicht, dass das Opfer am Streitabend bei ihr gewesen sein wollte.

    Staatsanwaltschaft und Opferanwältin sahen die Schuld des Angeklagten als erwiesen an und forderten 750 Euro Strafe. Dessen Verteidiger aber sprach von „keinem objektivierbarem Nachweis, dass Körperverletzung vorliegt“.

    Die Richterin folgte diesem Argument. Es gebe Punkte, die für häusliche Gewalt sprächen, aber nicht an diesem Tag: „Was tatsächlich geschehen ist, ist aufgrund der Aussagen nicht mehr feststellbar.“ Besonders wichtig seien ihr dabei die Auskünfte der 68-jährigen Freundin gewesen. Das flaue Gefühl bleibt.

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