Es ist ein für Bad Brückenau sehr prägendes Gebäude – das Kurstift-Hochhaus mit seinen 17 Etagen. Ab Herbst bekommt der Komplex Zuwachs. An der Ostseite – hinter dem Küchentrakt – entsteht eine zweite Pflegestation für Senioren. Das hat der Vorstand des Trägervereins beschlossen. Der Kissinger Architekt Bernd Heinrich stellte der Main-Post exklusiv erste Pläne vor.
Das Kurstift ist für Heinrich nicht irgendein Bau. Er hat die dortige Fotovoltaikanlage geplant. Vor allem aber lebte seine Mutter im „Langen Eugen“, wie er das Hochhaus nennt.
„Ihr wurden dort schöne Jahre ermöglicht; es bestand eine tolle Gemeinschaft. Also will ich jetzt alles tun, dass das so bleibt.“
Für Heinrich stand fest: Der Lange Eugen bekommt keinen Bruder. Der Architekt hat einen eingeschossigen Flachbau entworfen, „der sich ins Gelände drückt“. Lediglich einige Lagerräume ragen aus der Dachebene etwas heraus, bilden die Abrundung zum Hanggelände. Heinrich: „Den Bewohnern des Kurstifts wird weder Licht noch Sicht genommen.“
Der Architekt betont den eigenständigen Charakter des Neubaus. Er ist über die Ebene hinter dem Küchentrakt und den Langen Eugen begehbar. Der Zugang befindet sich zwischen Pflegestation I im Erdgeschoss des Hochhauses und Festsaal.
Das Innere hat Bernd Heinrich nach eigenen Worten so gestaltet, dass „die Bewohner nicht nur untergebracht sind, sondern sich wohlfühlen“. Das Zentrum des Neubaus bildet ein offener Hof. An dessen Längsseiten sind 16 Räume mit Nasszelle zu je 30 Quadratmeter angeordnet. Sie können als Einzel- und Doppelzimmer genutzt werden.
Die Zimmer haben Türen zum Gemeinschaftshof. „So können die Bewohner mit ihren Rollbetten leicht nach draußen geschoben werden.“
Auf den dem Hof abgewandten Seiten der Zimmer führen Türen auf einen Flur, der sich wie ein Halbkreis um die Wohnräume zieht. Eine Lösung, die eine klare Struktur und große Bewegungsfreiheit bieten soll.
Auf Pflegestation II sind ein großer und zwei kleinere Aufenthaltsräume eingeplant – für den Fall, dass sich die Senioren sich treffen und gemeinsam beschäftigen wollen.
Die Pflegeschwestern haben ihren eigenen Bereich. Und – das ist eine Neuerung – männliches Pflegepersonal bekommt eigene Räume, um sich zum Beispiel zum Umkleiden zurückzuziehen. Je ein Pflegebad für Station I und II ist im Übergangsbereich zwischen Langem Eugen und Neubau vorgesehen.
Walter Rudler als Vorsitzender und Bernd Müller als Stellvertreter bilden die Spitze des Kurstift-Trägervereins. Sie halten die Erweiterung des Hauses für „aus der Vernunft geboren mit der Einsicht, dass sie nötig und sinnvoll ist.“ Schließlich nehme die Zahl der Alten und damit der Pflegebedürftigen im Land zu.
Obwohl die beiden das Kurstift nicht als Pflegeheim sehen und keine Pflegebedürftigen neu aufgenommen werden, gibt es für die Bewohner eine Garantie. Sie können bei Bedarf in die Pflege übersiedeln.
Genau dort haperte es zuletzt. Die Kapazitätsgrenze sei erreicht mit 35 Personen, teilte Walter Rudler den Vereinsmitgliedern in einem Brief mit. Aufenthaltsräume, Pflegebad und Nasszellen seien unzureichend; es gebe lediglich vier Einzelzimmer.
Der Stellenwert der Pflegestation dürfte steigen. Liegt der Altersschnitt der 250 Kurstift-Bewohner doch bei 83 Jahren. Pflegebedarf ist absehbar.
Wieviel der Neubau kosten wird, können weder Rudler und Müller noch der Architekt sagen. Man sei bei den Vorplanungen, könne so eine Aussage unmöglich schon treffen. Dem Vernehmen nach geht es um zwei Millionen Euro.
Fest steht jetzt schon: Der Bau der Pflegestation soll aus den Bewohnermieten bezahlt werden. Sie sollen aber deswegen nicht steigen.
Bernd Müller: „Das Kurstift hat über die Jahre sehr gut gewirtschaftet, daher besteht ein Polster.“ Sicherlich trägt auch die Kompaktheit des 1970 gebauten Langen Eugen dazu bei, dass der Kurstift-Betrieb in den vergangenen Jahren erfolgreich war. Relativ viele Menschen wohnen auf relativ wenig Raum. Es lohnt sich für sie Angebote wie Laden, Friseur, Schwimmbad und Bankservice zu betreiben. Die Wasser- und Energiekosten sind überschaubar.
Angst, den Neubau voll zu bekommen, haben Rudler und Müller nicht. Und das, obwohl in Bad Brückenau fünf Heime konkurrieren, das Haus Waldenfels bald neu gebaut wird. Müller: „Konkurrenz gibt es hier immer, aber nicht zu viel.“ Laut Rudler kommen die Leute ins Kurstift, weil es „preislich unschlagbar“ sei und die Gemeinschaft zähle.
Vor ein paar Monaten hat Architekt Heinrich das Personal des Kurstifts erstmals nach ihrer Meinung zu einer neuen Pflegestation gefragt: „Damals gab es viel Skepsis. Jetzt freuen sie sich auf den Neubau.“