Es gibt verschiedene Gründe für die Aufgabe. Reinhart nennt die extrem gestiegenen Kosten für Strom und Gas, aber er macht auch keinen Hehl daraus, dass die Eröffnung des Badehotels mit dem Restaurant Altes Badehaus die Situation für ihn verschärft hat: „Die Konkurrenzlage merkt man extrem.“
Die Gastwirte im Staatsbad verstehen sich, sie treffen sich monatlich zum Stammtisch. Das ändert aber nichts daran, dass es nach Reinharts Ansicht inzwischen zu viele Angebote für zu wenig Gäste gibt.
„Nicht umsonst heißt es: Konkurrenz belebt das Geschäft“
Kurdirektorin Andrea Schallenkammer
„Was ist zuerst da? Die Leute oder die Gastronomie?“ – Kurdirektorin Andrea Schallenkammer kennt die schwierige Situation, hofft aber andererseits darauf, mit einem breiteren gastronomischen Angebot mehr Gäste ins Staatsbad Brückenau zu locken. Derzeit sind rund 1000 Gäste am Tag im Ort. Davon ist etwa die Hälfte in Kliniken untergebracht und fällt damit als potenzieller Kunde in einem Restaurant weg. Wer eine Reha macht, wird in der Klinik rundum versorgt.
Damit bleiben rund 500 Gäste pro Tag, die reichlich Auswahl an Lokalen haben. Sie können im Bellevue, im Dorint oder im Restaurant Altes Badehaus essen. Ab 14 Uhr hat der Biergarten am Haus Löwe geöffnet. Es gibt das Café im Fahrradmuseum, das Hexenhäuschen, das Mariental und einige mehr. Neu ist jetzt das St. Georg hinzugekommen. „Es hat sich natürlich mehr entwickelt, als gedacht war“, sagt die Kurdirektorin.
Dennoch will die Kurverwaltung zunächst versuchen, wieder einen Gastronomiebetrieb für das Bellevue zu finden. Andrea Schallenkammer hofft darauf, dass sich eine Familie findet, die das Haus gleichzeitig bewohnt und bewirtschaftet. Neben dem Restaurant gibt es auch fünf Hotelzimmer.
In der Anzeige formuliert die Kurverwaltung: „In Ergänzung des Angebotes der historischen Anlage als Ausflugsziel wünschen wir uns einen Pächter, der mit seiner Familie gerne auch internationale Küche realisiert.“ Das könnte Italienisch oder Mexikanisch sein, am liebsten wäre der Kurdirektorin ein kulinarisches Angebot, das im gesamten Landkreis einzigartig ist.
„Nicht umsonst heißt es: Konkurrenz belebt das Geschäft“, sagt Schallenkammer. Es liege noch nicht lang zurück, da trafen bei der Kurverwaltung Beschwerden ein, der Gast könne im Staatsbad kaum einkehren. Deswegen soll das Bellevue Restaurant bleiben: „Es ist ein Ausflugsziel“, sagt Schallenkammer und ergänzt: „Es ist der schönste Blick über das ganze Staatsbad.“
Dennoch hat die Kurverwaltung auch über andere Nutzungsmöglichkeiten nachgedacht. „Im medizinischen Bereich“, ist alles, was die Kurdirektorin bislang dazu verrät. Erste Priorität hat weiterhin Gastronomie.
Auch für einen neuen Pächter dürfte es nicht leicht sein, genügend Gäste für das große Haus gewinnen zu können. Denn an Einfallsreichtum mangelte es den bisherigen Betreibern nicht. Sie veranstalteten Konzerte, luden zu Pokerabenden ein, kochten nach Themen und hatten immer wieder neue Ideen.
Bevor sie im Juli 2003 das Bellevue übernommen hatten, war es ein Dreiviertel Jahr lang leer gestanden. Davor hatte das Ehepaar Gerd und Yolanta Middendorf eineinhalb Jahre im Bellevue gewirkt. Vor ihnen hatte das Bellevue eine sehr beständige Zeit erlebt: Zwölf Jahre lang waren Martina Gadow und Randolf Vierhues Pächter, bevor sie sich entschlossen, ein Café in Berlin aufzumachen.