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Leben vom globalen Flohmarkt

Bad Brückenau

Leben vom globalen Flohmarkt

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    Ein Jahr ist der gelernte Maurer bereits arbeitslos, als er sich zu dieser Entscheidung durchringt. Zuvor hat er sich bei unzähligen Firmen im Landkreis Bad Kissingen erfolglos beworben. Auch das Arbeitsamt vermittelt ihm keinen Arbeitsplatz. Resch erkennt, dass er in seinem Beruf keine Chance mehr hat und einen Neuanfang wagen muss. Porzellan ist seine Leidenschaft. Regelmäßig besucht er Flohmärkte in ganz Deutschland, um es zu kaufen und zu verkaufen. Dafür besitzt er einen Wander-Gewerbeschein.

    Internet verdrängt Flohmärkte

    Doch das Internet, so Resch, verdränge die Flohmärkte. Deshalb sieht er hier seine Chance. Mit zehn Flohmarktkisten Porzellan und einem Laptop startet er als Ich-AG. "Ich hatte vor einem Jahr keine Ahnung vom Computer, bis es mir ein Bekannter beigebracht hat," erzählt der 32-Jährige. Der Bekannte ist es auch, der ihn bei Ebay, dem Internet-Auktionshaus, anmeldet.

    Zur Selbständigkeit gehört die monatliche Buchhaltung. Seine Steuerangelegenheiten gibt der gebürtige Kronacher an ein Steuerbüro in Bad Brückenau ab. Vorauskasse leistet er bei der Post beim Kauf von Free Way Marken, mit denen er seine Pakete günstiger auf den Weg bringt.

    Die Selbständigkeit bedarf einer guten Kalkulation. "Viele Ich-AG's sind schnell finanziell fertig", sagt Resch, "die 600 Euro vom Arbeitsamt im ersten Jahr und in den beiden folgenden Jahren 400 und 200 Euro decken häufig noch nicht einmal die Kosten."

    Sein Arbeitstag beginnt am Abend. "Jeden Abend setze ich was rein", sagt er und meint das Porzellan, das er im Internet unter dem Anbieternamen duffy-24 anbietet. Er kennt mittlerweile die Gewohnheiten seiner Käufer, weiß, dass er am Wochenende oder am Abend mehr verkauft als wochentags und am Morgen. Momentan stehen unter seinem Namen 75 Artikel mit Bild im System. Alle Stücke hat er digital fotografiert und gespeichert, um auf der Datei jederzeit Zugriff für das Angebot neuer Artikel zu haben. Er bietet vor allem Geschirr zweiter Wahl an, aber auch Einzel- und Sammlerstücke. Das brachte ihm Anfragen aus Amerika, Australien und Japan ein, die seine Ehefrau Birgit beantwortet (Resch: "Ich hab es nicht so mit dem Englisch."). Wobei seine Frau seine Liebe zum Porzellan teilt.

    Traum von der Sternschnuppe

    Bei Ebay bewerten die Käufer den Anbieter. 1600 positive Bewertungen hat Resch heuer erhalten. Dafür wird er mit einem roten Stern gekennzeichnet. Bei 5000 positiven Bewertungen gebe es einen grünen Stern, so Resch. "Ich träume von der Sternschnuppe,", sagt er. "Die gibt es ab 10 000 Bewertungen."

    Resch macht Online-Banking. "Ich guck' Morgens ob der Zahlungseingang verbucht ist", sagt er. Danach verpackt er die Ware in Kartons und bringt sie zur Post - acht bis zehn Pakete täglich.

    Seine Inventurliste mit dem Bestand seiner Waren führt er nach wie vor schriftlich - und nicht nur im Computer, verrät er. In den Brückenauer Einkaufsmärkten kennt man ihn mittlerweile: Dort besorgt er sich die Kartons, bei der heimischen Zeitung das Altpapier zum Verpacken der Ware.

    In Brückenau füllen mittlerweile drei Kellerräume seinen Bestand. Jeder Winkel der Wohnung ist mit Porzellan gefüllt. Schon immer habe er den Traum vom eigenen Porzellanladen gehabt, gesteht der gelernte Maurer. Er hebt Prospekte zu Porzellanserien im Ordner auf und liest Fachbücher. Mit dem Internet hat er sich diesen Traum zumindest teilweise erfüllt.

    Viel Liebhaberei hänge an seiner Ich-AG, gesteht er, glaubt aber auch, dass dies der Grund für seinen Erfolg ist. "Ich kann das Geschäft und die Liebe zum Porzellan kaum trennen". Trotzdem sucht er auch den Kundenkontakt und das Gespräch. Nach wie vor steht er einmal im Monat um 2  Uhr Morgens auf, um zum Flohmarkt nach Dortmund zu fahren.

    Das Internet bezeichnet er als den "Globalen Flohmarkt". Ohne ihn wäre Resch heute auf Sozialhilfe angewiesen. "Du machst kein Vermögen damit, aber es reicht zum Leben", sagt er, weiß aber auch: "Momentan läuft's, das kann morgen schon anders sein." Die ersten drei Jahre, so habe man ihm gesagt, entscheiden über den Bestand einer Ich-AG. Resch ist Optimist und will anderen Mut machen, deshalb nur erzählt er seine Geschichte. "Ich habe mir gesagt, ich gehe diesen Weg, denn ich habe nichts zu verlieren. Ich falle immer wieder nur auf die Sozialhilfe zurück."

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