Viel Zeit zum Überlegen hat er nicht gehabt. Am Montagmorgen hat er die Rathäuser getauscht. Michael Kastl (CSU) ist nicht wie gewohnt nach Stadtlauringen gefahren, wo er als geschäftsleitender Beamter tätig ist. Vielmehr ist er seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Zweiter Bürgermeister der Stadt Münnerstadt nachgekommen, hat eigens dafür Urlaub genommen. „Ich bin gar nicht aufgeregt“, sagt er. Dabei ist Michael Kastl gerade einmal vor einer Woche zum Zweiten Bürgermeister gewählt worden.
Mit freudiger Erwartung sei er gekommen.„Ich wusste, worauf ich mich einlasse.“ Obwohl der 33-Jährige betont, dass er sich erst mit seiner neuen Aufgabe vertraut machen müsse, wird deutlich, dass er in vielen Dingen ganz genau weiß, was er will.
Alles ist wie immer. Anna Schauber begrüßt in ihrer gewohnt freundlichen Art und bittet in den nächsten Raum, das Amtszimmer des Bürgermeisters. Auch dort hat sich nichts verändert. Nur eins: Hinter dem großen Schreibtisch sitzt nicht Helmut Blank (CSU), sondern sein neuer Stellvertreter Michael Kastl. Eine Woche zuvor ist er bei geheimer Wahl mit 15 von 21 Stimmen dazu berufen worden. „Ich habe es gehofft“, sagt er. Denn trotz der Vorgespräche sei eine Prognose bei einer geheimen Wahl nie verlässlich.
Eine Woche später führt ihn der geschäftsleitende Beamte der Stadt Münnerstadt, Stefan Bierdimpfl, durch die beiden Verwaltungsgebäude, die ihm gar nicht so neu sind. „Vor 14 Jahren habe ich als FOS-Schüler ein halbes Jahr lang ein Praktikum bei der Stadt gemacht“, erklärt der Zweite Bürgermeister. Die gute Zusammenarbeit mit Stefan Bierdimpfl hebt Michael Kastl ebenso vor wie die mit Helmut Blank. „Die Vorbereitung auf die Vertretung hat hervorragend geklappt.“
Zwei Wochen lang wird er nun die Geschicke der Stadt lenken, vier Tage davon vor Ort im Rathaus sein. An den anderen Tagen wird er dank moderner Technik auch in Abwesenheit über alles informiert sein. Am Wochenende stehen auch repräsentative Aufgaben an. Wenn es eng werden sollte, gibt es mit Axel Knauff (SPD) ja auch noch einen Dritten Bürgermeister. „Er wird selbstverständlich mit eingebunden.“
Die Position als Zweiter Bürgermeister will Michael Kastl bewusst nicht nutzen, um eigene Projekte anzustoßen, erklärt er auf Nachfrage. „Dafür ist die Stadtratsarbeit da.“ Und dabei sollte auch die Öffentlichkeit mit eingebunden werden.
Michael Kastl meint, es höre sich zwar etwas geschwollen an, doch er sagt es trotzdem: „Wir müssen zusammenarbeiten. Stadt und Stadtteile müssen für das Gemeinwohl arbeiten.“ Er blickt auf andere Kommunen in der Region. Da gebe es auch mal Streit zwischen den Ortsteilen. Aber: „Es gibt ein Gemeinwohl, um das zu erreichen, hält man zusammen.“ In anderen Kommunen würden als Auswärtige nur solche Personen bezeichnet, die tatsächlich aus anderen Städten und Gemeinden kommen. In Münnerstadt dagegen werde der Begriff für Bewohner anderer Stadtteile verwendet. Für ihn selbst ist klar: „Ich fühle mich als Münnerstädter.“
„Ich fühle mich als Münnerstädter. Für mich gibt es nur ein Münnerstadt.“
Michael Kastl, Zweiter Bürgermeister
Schließlich sei er nach der Gebietsreform geboren. „Für mich gibt es nur ein Münnerstadt.“
Das redet er nicht nur so, das lebt er auch vor. Auf der Suche nach einem geräumigen Haus für die große Familie ist der Münnerstädter in Seubrigshausen fündig geworden. Seither lebt er dort, auch wenn es Stimmen gegeben hatte, die diesen Schritt als politischen Selbstmord bezeichneten.
Dass seine Kinder die Münnerstädter Grundschule und die Städtische Musikschule in Münnerstadt besuchen, findet er ein gutes Zeichen für das Zusammenwachsen.
„Wir brauchen eine Belebung der Altstadt“, sagt Michael Kastl auf die Frage nach weiteren Schwerpunkten. Dabei kann und will er die Frage, wie das geschehen kann, gar nicht beantworten. Der Zweite Bürgermeister bringt etwas vor, was er noch mehrfach wiederholen wird: „Wo wollen wir hin?“ Erst wenn diese Frage ausreichend beantwortet ist, müsse ein Konsens geschaffen und dann ein konkretes Projekt angegangen werden. „Zielführend kann nur eine genau Grundlagenarbeit sein, die braucht ihre Zeit“, betont er. Der Nachteil: Damit falle man allerdings nicht auf, und damit gebe es auch keine Lorbeeren zu gewinnen.
„Es ist die Herausforderung, die Tätigkeit, die mich interessiert“, sagt Michael Kastl zu seinem Amt. Jetzt könne er Politik gestalten. „Mir macht das Spaß.“ Er wird sich künftig auch mit dem geplanten Gewerbegebiet an der Meininger Straße auseinandersetzen müssen, weil der Bürgermeister betroffen ist. „Das ist eine der Sachen, die ich machen darf“, sagt er. Hier gelte es, eine Lösung zu finden, die für die Bevölkerung und die Genehmigungsbehörden als Fördergeldgeber gangbar ist.
Eine Frage ist unumgänglich: Könnte er sich vorstellen, in sechs Jahren als Erster Bürgermeister ins Rathaus einzuziehen, falls Helmut Blank nicht mehr antritt und er gewählt wird?
Die Antwort ist gut überlegt: „Jetzt muss ich mir erst einmal einen Einblick verschaffen.“ Er verschließe sich nie, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen. „Aber jetzt kann ich dazu keine Aussage treffen.“