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MÜNNERSTADT: Militantes und Pikantes aus der Komturei

MÜNNERSTADT

Militantes und Pikantes aus der Komturei

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    Der Deutschorden ging um 1190 aus einem Hospital im Heiligen Land hervor. Durch feudale Spenden finanziert, etablierte sich die Vereinigung als Europas größter Kreditgeber, der mehr die Macht als die Seelsorge verfolgte. Gar einen eigenen Staat im Baltikum wollte man gründen. Auch in den deutschen Gebieten richtete sich der Orden ein. Dörfer und Städte wurden gegründet, Infrastrukturen und Handel aufgebaut, Sumpfgebiete erschlossen und Schulen eröffnet. „Und Schreiben und Lesen lernen war um 1400 eine Seltenheit“, fügte Kirch hinzu.

    Abgaben ohne Ende

    In Münnerstadt waren die Ordensritter seit 1230 aktiv. Sie stellten den Pfarrer, hatten das Seelsorgemonopol inne und kassierten als Grundherren von den Bürgern „Abgaben ohne Ende“, wusste Kirch. Das Blatt wendete sich, als die Augustiner in die Stadt kamen. Anders als die Ritter stammten sie aus niederen Ständen und erfreuten sich ob christusähnlicher Lebensweise in Bescheidenheit schnell großer Beliebtheit bei den Mürschtern. So flossen die Spenden nicht mehr an die Deutschherrn, sondern an die Augustiner. Daher führten die erzürnten Ritter drei Richtsprüche herbei, die den Patres erhebliche Beschränkungen auferlegten: „Das war ein Knebelvertrag“, so Kirch mit Blick auf die Pflicht der Augustiner, die Hälfte aller Spendeneinnahmen an den Deutschorden zu spenden.

    Billigpriester aus Holland

    Auch durften die Eremiten keine Sakramente erteilen: „Jeder musste erst beim Pfarrer beichten und konnte dann beliebig oft den Augustiner seines Vertrauens aufsuchen“, so Kirch zur Situation in der Stadt. Nach 100-jährigem Exil der Patres kam es 1652 zur Aussöhnung.

    Zudem referierte Kirch über den Clinch zwischen Orden und Bürgerschaft, welche die Ritter systematisch ihres seelsorgerischen Einflusses beraubte. Erbost setzte der Orden ein Interdikt über die Stadt durch. „Damit war das religiöse Leben gelähmt“, so Kirch. Daraufhin gelang der Bürgerschaft über die päpstliche Kurie in Rom die Exkommunikation aller Ordenspfarrer. Die wiederum erwirkten über die Kurie in Avignon die Exkommunikation aller Bürgerschaftspfarrer. Großes Ansehen verlor der Orden auch durch seine Personalpolitik: „Man hat nur Billigpriester aus Holland eingestellt, doch die hat in der Kirche niemand verstanden“, so Kirch schmunzelnd.

    In Ungnade fiel der Münnerstädter Orden durch einen „Lebenswandel von Trieben und Machtgelüsten“, wie Kirch Zeitzeugen zitierte. Bei jedem Dritten fanden sich Moralverstöße in der Akte. „Auch das Frauenkloster Wechterswinkel wurde dabei als Klerikerbordell erwähnt“, so Kirch. Die Komturen beschreibt die Literatur als jähzornig, verschwenderisch und diebisch.

    Strafversetzt nach Münnerstadt

    Durch „Verstandsblödigkeit“ fielen sie auf, manche betrieben Misswirtschaft und Unterschlagung. Auch in anderen Provinzen hätten sich, so Kirch, Deutschritter „mit dem Spieß gemaultascht“ oder durch Vergewaltigungen und vorgetäuschte Selbstmordversuche von sich reden gemacht. Eines hatten viele Ritter gemeinsam: Strafversetzt wurden sie am Ende alle in eine Komturei namens Münnerstadt.

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