Mit Jon Bon Jovi feuchtfröhliche Abende am Tresen verbringen - wovon Millionen von Fans träumen, davon plaudert Jürgen Fechter so unaufgeregt als berichte er von einem Ausflug in den Zoo. Fast ein Jahr lang war der Wildfleckener in den 80er Jahren mit "Viva" in den USA auf Tournee - als Vorgruppe der Rockband Bon Jovi. Deren blonder Frontman und Superstar Jon ist Jürgen Fechter in bester Erinnerung: "Das ist ein ganz lieber Netter", rekapituliert er.
Auch mit anderen Weltstars ist der 47-Jährige, der unter dem Künstlernamen "Doobie" firmiert, per Du. Klaus Meine und Rudolf Schenker von den Scorpions gehören seit langem dazu. Anfang der 70er Jahre las der Wildfleckener in einer Fachzeitschrift die Anzeige "Deutsche Band mit einer LP sucht Drummer." "Da rufe ich halt mal an", dachte sich Fechter und erfuhr, um welche Gruppe es sich handelte. Scorpions? Kein Begriff. Nur ein Freund, bei dem er sich nach den Jungs erkundigte, hatte mal eine Platte gehört.
Nichts desto trotz fuhr Jürgen Fechter nach Hannover, spielte im Proberaum vor und schlug zehn andere Bewerber aus dem Rennen. Mit den Hannoveranern "ging's nur noch ab", schwärmt er. Unaufhaltsam kletterte die Band die Erfolgsleiter empor. Als Vorgruppe von "Sweet" etwa, die lange vor der Boygroup-Ära tausende pubertierender Mädchen zum Rasen brachten. "Das erste große Konzert war in Kopenhagen", erinnert sich Fechter. "In der Halle waren 12 000 Teenies. Alle fingen an zu kreischen. Wir mussten uns die Finger in die Ohren stecken und waren froh, als wir zu spielen anfingen."
Mit den Jungs von "Sweet" gab es indessen später noch einen handfesten Krach. "Im Zirkus Krone hätten wir uns fast mit ihnen geprügelt", erzählt der Drummer, "weil wir ihnen die Show gestohlen haben." Um das zu erreichen, mussten sich die Scorpions bei Rock-Dinosauriern wie Kiss oder Wishbone Ash, mit denen sie ebenfalls auf Tour gingen, wohl etwas mehr anstrengen.
Wieder in Hannover angekommen, vier Wochen bevor die dritte LP aufgenommen werden sollte, fasste Fechter jedoch einen Entschluss, der ihn noch heute reut: Er stieg aus. Der Liebe wegen. Da half es auch nichts, dass die Bandmitglieder ihm "alles Mögliche geboten haben".
Als sich Fechter nicht lange danach von der damaligen Dame seines Herzens trennte, war es zu spät: Sein Platz in der Band war besetzt. Damals habe er "komplett aufgehört, Musik zu machen", so Fechter. "Ich musste mich erst langsam wieder hocharbeiten." Von der Musik lassen konnte er aber nicht.
Schließlich hatten die Drums seit Fechters Jugend in seinem Leben den Takt vorgegeben. Im Alter von zwölf Jahren hatte er sich zum ersten Mal ans Schlagzeug gesetzt. Er übte im Keller seiner Eltern. Die hatten eine Kneipe, in der auch Musiker auftraten. Bald wusste er: "Das will ich auch." Mit 15 Jahren hielt ihn nichts mehr in der Rhön. Er zog mit einer Band durch die Republik, von einem amerikanischen Club zum anderen. Einen Monat blieben die Musiker jeweils, spielten von Dienstag bis Sonntag. Für gutes Geld. "Schon damals gab es 3000 Mark pro Mann, Essen und Trinken frei", rechnet Fechter vor.
Die Erfahrungen, die er in seinen Wanderjahren in verschiedenen Formationen gewonnen hatte, erleichterten ihm indessen nach dem Weggang von den Scorpions den Wiedereinstieg in die Musikszene. Er mischte bei den Vampires mit, bei Spot und TNT. Schließlich landete er bei Viva, der "ersten deutschen Heavy-Metal-Band", so Fechter. "Das war genau meins."
Es waren allerdings nicht nur Metropolen wie Los Angeles oder San Diego, die der Musikfreak auf der Tournee mit Viva und Bon Jovi kennen lernte. Will man das damalige Leben des Musikers auf eine Kurzformel bringen, kommt man um das Dreigestirn Sex, Drugs, Rock 'n' Roll nicht herum. "Abends gehst Du mit der Flasche Whiskey ins Bett und morgens wachst Du damit auf", gesteht der 47-Jährige. "Das verändert einen."
Letztendlich habe das Viva ebenso auseinander gebracht wie die Freundinnen der Bandmitglieder, die sich in alles eingemischt hätten. Nach einem Jahr Amerika sei "jeder für sich allein nach Hause geflogen, jeder ging seinen eigenen Weg", resümiert der Drummer.
Ende der 80er Jahre hatte Fechter die Nase endgültig voll. Er packte seine Koffer und verließ Hannover mit Ziel Wildflecken. Er heiratete und wurde Vater. Nun, da seine beiden ebenfalls musikalisch begabten Söhne langsam erwachsen werden, möchte Fechter zurück ins Profi-Geschäft. "Musik machen lässt einen nie mehr los", sagt er. Ausschau hält Fechter unter anderem nach einer professionellen Cover-Band. Oder aber nach Mitgliedern für eine eigene Formation.