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Münnerstadt: Münnerstadt: Als Peter Como die Stadt den Amerikanern übergab

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Münnerstadt: Als Peter Como die Stadt den Amerikanern übergab

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    Blick auf Münnerstadt mit dem Oberen Tor.
    Blick auf Münnerstadt mit dem Oberen Tor. Foto: Archiv Michael Petzold

    Sicher erinnern sich einige Münnerstädter noch an ihren früheren Hausarzt Dr. Erwin Alzheimer, der bis 1976 vor Ort praktizierte. Dessen Schwiegervater Dr. Peter Como hingegen, der sich kurz nach dem Ersten Weltkrieg im Lauerstädtchen angesiedelt hatte und hier bis 1954 seine Allgemeinarzt-Praxis betrieb, ist den Münnerstädtern heute wohl kaum noch ein Begriff.

    Für die Münnerstädter spannend: Como übergab die Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg ganz formell an die Amerikaner und verhinderte auf diese Art und Weise so manche zerstörerische Handlung. Das sagt jedenfalls sein Enkel Dr. Diethard Alzheimer (Münnerstadt), der den Nachlass seines Großvaters seinerzeit studierte. Damals fiel ihm, wie er erzählt, eine längere Schrift des Opas in die Hände. Eine Erzählung? Eine Art Lebenslauf? Alzheimer fand die Lektüre spannend. Nach Gesprächen mit anderen Verwandten setzte sich für ihn allmählich ein aussagekräftiges Bild des Großvaters zusammen.

    Als Assistenzarzt in Würzburg

    Como wurde am 27. Mai 1886 in Hofheim/Bensheim geboren. Seine Gymnasialzeit verbrachte er in Worms und studierte später in Rom, Würzburg und Gießen Medizin. Als Medizinal-Praktikant und Assistenzarzt verschlug es ihn an die Uni-Klinik in Würzburg, wo er auch zwei Jahre in der HNO-Klinik arbeitete. Die Approbation folgte 1913, die Promotion schon ein Jahr später. Dann musste er in den Ersten Weltkrieg.

    Der Enkel von Dr. Peter Como: Augenarzt Dr. Diethard Alzheimer.
    Der Enkel von Dr. Peter Como: Augenarzt Dr. Diethard Alzheimer. Foto: Archiv E. Beudert

    1919 eröffnete Como seine Allgemeinarzt-Praxis in Münnerstadt und erwarb sich in den darauffolgenden 35 Jahren offenbar einen sehr guten Ruf. "Er hatte ja auch in der Würzburger HNO-Klinik gearbeitet", sagt Diethard Alzheimer im Gespräch mit der Redaktion. "Die Leute kamen von überallher zur Untersuchung, sogar aus der oberen Rhön."

    Erwin Alzheimer übernimmt Comos Praxis

    Als dann sein Ruhestand näher rückte, wollte Como unbedingt, dass sein Schwiegersohn aus dem Spessart die Münnerstädter Praxis übernimmt. Sein Vater habe das zunächst nicht gewollt, erinnert sich Diethard Alzheimer, denn schließlich lief seine Hausarztpraxis in Frammersbach ziemlich gut. Doch schließlich habe der Vater eingewilligt.

    Aus den Unterlagen des Großvaters und Erzählungen seiner Cousine habe er irgendwann rekonstruieren können, dass Como nach dem Zweiten Weltkrieg in Münnerstadt eine wichtige Rolle gespielt hat. Denn die Gefahr, dass Münnerstadt zerstört würde, sei nie so groß gewesen wie in der Endphase dieses Krieges, sagt Alzheimer.

    Eine spannende Geschichte

    Als Lazarettstadt durfte Münnerstadt nicht angegriffen werden, erzählt er. Das nutzten versprengte deutsche Truppenteile aus und verschanzten sich mit ihren Kanonen in den Scheunen. Die Angreifer zerstörten später etwa 50 Scheunen und Nebengebäude, 17 Wohnhäuser und die Marienkapelle, hat Alzheimer recherchiert. Schließlich waren 26 Ziviltote zu beklagen gewesen.

    Noch im April 1945 fielen Bomben auf Münnerstadt.
    Noch im April 1945 fielen Bomben auf Münnerstadt. Foto: Stadtarchiv Münnerstadt

    Am 8. April 1945 standen die Amerikaner dann in Münnerstadt am Oberen Tor, entschlossen, auf jeden, der sich auf der Hauptstraße aufhielt, zu schießen. Offenbar waren sie auch dazu bereit, einen weiteren Luftangriff zu fliegen, falls die Stadt nicht kampflos übergeben werden würde. Aber der Bürgermeister wagte diese Übergabe nicht. Da soll Como, damals Chefarzt des Reserve-Lazaretts, schließlich mit einer weißen Fahne zum Oberen Tor gelaufen sein. Dort habe der amerikanische Kommandeur ihm zugesichert, dass mit der Übergabe der Stadt alle kriegerischen Handlungen eingestellt würden, weiß Alzheimer zu berichten.

    Ein letzter Luftangriff der Amerikaner

    Doch dann kam es zu einem tragischen Missverständnis. Plötzlich traten der 44-jährige Sanitäter Ludwig Moritz und seine 16-jährige Tochter Eva auf die Straße, um den Verletzten, die dort lagen, zu helfen. Doch da war die Übergabe der Stadt noch nicht abgeschlossen. Die Amerikaner eröffneten das Feuer – und beide starben kurze Zeit später.

    Wenige Stunden nach der Übergabe flogen die Amerikaner noch einen letzten Luftangriff. Die Bombe landete neben dem Lazarett. Auf dem Dach des Lazaretts war, wie in anderen Lazaretten und Kliniken, weithin sichtbar ein großes rotes Kreuz angebracht gewesen. Como protestierte heftig bei den Amerikanern. Der Kommandeur sagte nur, es sei ein Versehen gewesen, und dass es ihm leid tue.

    Aufgrund von Comos Initiative seien die Münnerstädter dann außer Gefahr gewesen, erzählt Alzheimer. Zahlreiche Häuser und Höfe blieben so verschont. Die Stadt wurde vor weiterer sinnloser Zerstörung bewahrt.

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