Die Firma Nipro Glass Germany will die im Herbst bundesweit ausgehandelte Tariferhöhung nun bezahlen, teilt die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) am Dienstag mit. Das bedeutet unter anderem ab sofort 2,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die rund 500 Beschäftigten in der Münnerstädter Niederlassung des japanischen Konzerns. „Wir begrüßen, dass der Arbeitgeber zum Tarifvertrag zurückgefunden hat“, sagt Gewerkschaftsfunktionär Christian Egner (Würzburg). Geschäftsführer Massimo Imberti spricht von einer „Lösung“, die man gesucht und gefunden habe.
Der Tarifabschluss zwischen der IG BCE und dem Bundesarbeitgeberverband Glas und Solar erfolgte bereits am 21. November 2014. Die Münnerstädter Firma Nipro wollte jedoch die bei diesen Verhandlungen vereinbarte Tariferhöhung laut Gewerkschaft nicht weitergeben. Selbst eine von der IG BCE schließlich angesetzte Frist bis zum 16. Januar 2014 ließ die Firmenleitung verstreichen, ohne den Tarif anzunehmen (wir berichteten). Jeder einzelne Arbeitnehmer machte anschließend die so entgangene Lohnerhöhung schriftlich geltend, erklärt Egner das Vorgehen im Januar. Er macht unmissverständlich klar, dass die IG BCE auch den Gang vors Arbeitsgericht nicht gescheut hätte.
Ein Aushang zum Thema
Am 30. Januar wurden diese „Geltendmachungen“ laut Egner bei der Firmenleitung abgegeben. Geschäftsführer Imberti habe dann gleich reagiert und den Betriebsräten mitgeteilt, dass die Firma den Tarif zahlen wolle. Am 2. Februar habe es in der Firma auch einen Aushang zu diesem Thema gegeben. Für die Gehaltsempfänger wird sich das erst Ende Februar bemerkbar machen, sagt der Gewerkschafter. Die Lohnempfänger würden wohl Mitte Februar bereits mehr Geld bekommen.
Weil der Tarif rückwirkend zum 1. August 2014 vereinbart wurde, sind demnächst weitere Zahlungen von Nipro an die Mitarbeiter fällig. Nach Angaben der Gewerkschaft sollen diese Differenzbeträge laut Vereinbarung von Nipro nachgereicht werden. „Der Ärger hat sich reduziert“, fasst Egner zusammen. „Wir sind gespannt, ob die Geschäftsführung wahr macht, was sie ankündigte.“ Für Egner geht es nicht nur darum, dass die Beschäftigten jetzt 2,3 Prozent mehr Lohn erhalten. Denn eine weitere Lohnerhöhung um 2,4 Prozent steht bereits zum 1. Juni 2015 ins Haus. Egner: „Wir werden das Ganze weiter beobachten.“
Die Tariferhöhung wird weitergegeben, bestätigt Geschäftsführer Imberti auf Anfrage der Main-Post. „Wir waren dabei, eine Lösung zu finden.“ Es habe jedoch zuvor einer Rücksprache mit der Konzernzentrale in Japan bedurft. Man habe „entsprechende Ressourcen“ gefunden und könne den Tarifvertrag nun honorieren, so Imberti weiter. „Aber wir brauchten Zeit, um bestimmte Abläufe zu prüfen.“
Stimmung nicht besser
Ist nun alles wieder gut? Betriebsratsvorsitzender Bernd Müller ist skeptisch. „Wir kriegen zwar jetzt alle unser Geld, aber die Stimmung in der Belegschaft ist nicht besser geworden“, beschreibt er die aktuelle Situation. Jeder wisse ja, dass das Geld erst auf Druck der Gewerkschaft hin gezahlt wurde.
„Das Vertrauen ist erschüttert.“ Zwar sei die Geschäftsführung in Münnerstadt auf eine gute Zusammenarbeit aus, sagt Müller. Aber es fehle jetzt die „Verlässlichkeit“, die man in der Vergangenheit stets hatte. Die Angst gehe um unter den Kolleginnen und Kollegen, was die Tariferhöhung zum 1. Juni angeht. „Man hängt irgendwie in der Luft.“