(hub) Nur ein schmaler Riss in der Borke genügt den Sporen, um Pilzfäden, so genannte Hyphen zu begründen, aus denen sich Pilze entwickeln. Wenn die Wälder ohne Laub sind, fällt mehr Licht als sonst auf Stämme und Wurzelstöcke. Dabei kann der aufmerksame Beobachter sehen, dass allerlei Pilze neben Flechten und Moosen die Bäume, lebende, aber auch tote, besiedeln.
Merkwürdige konsolenartige Scheiben haben die Borken durchbrochen und sind zum Teil zu riesigen Gebilden herangewachsen. Porlinge, auch Zunderschwämme oder Trameten genannt, sind es. Sie sind Vertreter der großen Pilzgruppe der Löcherpilze. Sie machen den Bäumen das Leben schwer und fördern bei toten Hölzern den Vermoderungsvorgang. Sie bauen Holz ab und führen es als Humus zurück in den Kreislauf der Natur.
Einer der auffälligsten Pilze, neben dem Riesenporling einer der größten, ist der Schwefelporling. Seine schwefelgelben Hüte werden bis zu 30 Zentimeter groß und sind daher weithin sichtbar. Die für die rotbraune Würfelfäule der Stämme verantwortlichen Pilze wachsen in mehreren Schichten übereinander, vornehmlich an Eichen, Weiden und Pappeln. Ihre jungen Fruchtkörper sind essbar.
Keineswegs sind Porlinge nur harmlose Resteverwerter toter Hölzer. Viele Arten greifen ganz massiv lebende Bäume an. Sie überziehen sie mit Hyphen, den schnell wachsenden Zellfäden.
Beobachten kann man einen solchen Angriff besonders gut am Straßenrand, wo ein Fahrzeug die Borke eines Baumes gestreift und dabei verletzt hat. Hier zeigt sich kurze Zeit später der Schuppige Porling mit einer kleinen, gelben Scheibe. Sie wird von Woche zu Woche größer und kann nach einigen Monaten einen Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern erreichen.
Schließlich verfärbt sich der rahmgelbe Pilz mit seiner schuppigen Oberfläche dunkelbraun. Klopft man vorsichtig an den Pilzkörper, entweicht ihm eine Sporen-Wolke. Millionen winzigster Samen werden vom geringsten Windhauch in alle Richtungen getragen, wo sie an jeder Schwachstelle der Rinde Fuß fassen, sich zu Zellfäden entwickeln und ihr zerstörerisches Werk beginnen können. Auf diese Weise sind nicht nur Bäume mit Borkenverletzungen einem ständigen Angriff durch die allgegenwärtigen Porlingssporen ausgesetzt, sondern auch gesunde Bäume, die vielleicht einmal einen Schlag mit einem Stock abbekommen haben. Es wäre jedoch nicht im Sinne der allweisen Natur, wenn viele Baumarten nicht spezielle Abwehrstoffe entwickelt hätten. Es sind Gerbsäuren, mit denen sie das Hyphenwachstum hemmen.
Der bekannteste Porling ist der Zunderschwamm, ein häufig auftretender Pilz an alten Buchenstämmen. Zunderschwämme wurden früher zum Feuermachen verwendet, daher der Name. Der Zunderschwamm erzeugt die gefürchtete Weißfäule, die Holz sehr schnell zertört.
Ein ebenso gefährlicher, von Waldbauern und Forstleuten gefürchteter Pilz, ist der Hallimasch, ein allseits beliebter Speisepilz. Er zersetzt nicht nur Totholz, sondern bringt seinen Baum-Wirt um. Er lebt parasitär und dringt mit seinen Hyphen in das lebende Holz ein.
Die Pilze stehen aber auch in Konkurrenz untereinander. Dieser Wettbewerb lässt sich gut an gefällten Laubholzstämmen beobachten. Schon wenige Tage nach der Fällung zeigen sich an den Schnittflächen schwarze und weiße Streifen, zu denen sich bald auch bunte Zeichnungen gesellen. Es sind Hyphen verschiedener Baumpilze, die sich auf dem Nährboden des frischen Holzes ausbreiten und den Holz abbauenden Wettlauf beginnen. Nach etwa zwei Jahren erscheinen die Fruchtkörper der bunten Schmetterlings-Porlinge und anderer Trametes-Arten. In der Schlussphase der Holzzersetzung gewinnen schließlich die Blätterpilze die Oberhand.
Während der laublosen Jahreszeit kann der aufmerksame Spaziergänger im Laubwald Holzpilze in verschiedenen Altersstadien beobachten. Neben alten, verwaschenen Porlingen findet er junge, besonders die farbigen Trameten. Dabei kann man nicht nur ihre Schönheit bewundern, sondern auch ihr zerstörerisches Werk aus der Nähe betrachten.
Dazu sollte man ein Stück Borke eines toten Stammes lösen. Meist findet sich darunter ein dichtes Geflecht weißer Fäden, das sich in das modrige Holz hinein verzweigt. Dieses so genannte Myzel sind die Ernährungsorgane der Pilze. Die einzelnen Stränge sind die Hyphen, jene schnell wachsenden, zerstörerischen Zellfäden.