Die drohende Schließung des Schaeffler-Zweigwerkes Elfershausen bis Ende 2017 mobilisiert große Solidarität für die 276 Mitarbeiter. Eine Politikerdelegation machte sich bei einer Führung mit Werksleiter Lars Nielszarski ein Bild von der niedergeschlagenen Stimmung, aber auch vom Innovationspotenzial in den Produktionshallen. Verschärftes Interesse am Fortbestand des Werkes bezeugten Abgeordnete und knapp zehn Bürgermeister oder deren Vertreter. Medienvertreter dürften bei dem Rundgang von über eine Stunde nicht dabei sein.
Klares Signal bis Weihnachten
Staatssekretärin Dorothee Baer (CSU) forderte beim anschließenden Pressegespräch bis zu den Weihnachtsferien ein klares Signal der Geschäftsführung zum Erhalt des Zweigwerkes mindestens bis 2020 und möglichst darüber hinaus. „Es herrscht keine Verbitterung, sondern Hoffnungslosigkeit“, fasste sie ihre Eindrücke zusammen. Es müsse erst einmal bewiesen werden, ob durch Erhalt des Werkes andere Konzernarbeitsplätze in Gefahr wären. Und ob der Gewinn durch Verlagerung der Arbeitsplätze nicht mittels Qualitätseinbußen erkauft werde, hält sie auch für fraglich.
„Wir pochen auf die Einhaltung der Verträge“, fügte Landrat Thomas Bold an. Für den 2006 festgeschriebenen Erhalt des Werkes bis zum Ende des Jahrzehnts leisten die Mitarbeiter fünf Stunden pro Woche übertarifliche Mehrarbeit. Nach einem Besuch von Bold und Landtagsabgeordnetem Sandro Kirchner vergangene Woche habe die Wirtschaftsministerin auch Ministerpräsident Horst Seehofer eingeschaltet. Aigner werde voraussichtlich selbst nach Elfershausen kommen.
Ideen für neue Produkte
Alle Gäste beeindruckte auf dem Rundgang die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Werk. Wegen der aktuell glänzenden Schaeffler-Bilanzen seien die Fördermöglichkeiten der Politik beschränkt, machten Baer und Bold deutlich. Denkbar sei nach 2020 vielleicht eine Unterstützung aus Innovationstöpfen, falls es zur Fertigung neuer Produkte komme. Ideen gibt es am Standort offenbar schon.
„Wir sind kein Sanierungsfall“, machte Betriebsratsvorsitzender Michael Walter in der Runde erneut deutlich. Das Werk habe sich unter Investition von bis zu zwölf Millionen Euro in den vergangenen Jahren exzellent entwickelt. Jetzt handele es sich um die erste Werksschließung seit der Übernahme von Kugelfischer durch Schaeffler. Dies sei umso enttäuschender, weil man bei der Schieflage des Schaeffler-Konzerns nach der Übernahme von Continental für die Unternehmerfamilie auf die Straßen gegangen sei.
Landrat Thomas Bold erinnerte an den Verlust industrieller Arbeitsplätze in den vergangenen Jahrzehnten. Jetzt drohten erneut gut bezahlte Stellen verloren zu gehen.
Arbeitsabläufe kreativ optimiert
„Die Beschäftigen stehen vor dem Nichts“, prophezeit Elfershausens Bürgermeister Karlheinz Kickuth für den Fall der Werksschließung. Bis zu 50 der Beschäftigten wohnen direkt im Ort. Der Gemeinde drohten darüber hinaus große Gewerbesteuerverluste. Die Mitarbeiter hätten viele Vorschläge in die Produktion eingebracht, um die Arbeitsabläufe zu optimieren. Ein Beispiel ist Kickuth besonders im Bewusstsein geblieben. Mit handwerklichem Geschick habe ein Angestellter für wenig Euro ein Verpackungsproblem gelöst, für das sonst mehrfach 12 000 Euro erforderlich geworden wären.
„In meinen 14 Jahren Bundestag habe ich so eine Kommunikationspolitik noch nicht erlebt“, haderte Dorothee Baer mit der überraschenden Schließungsankündigung der Schaeffler-Zentrale. Inzwischen habe man sich von dort entschuldigt. Einen Meinungsumschwung hält sie für möglich. So wie 2004, als die Schließung des Werkes Eltmann verhindert werden konnte.
Für 17 Millionen Euro Mehrarbeit
Die durch die übertarifliche Mehrarbeit geleistete Arbeitszeit bezifferte Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmer (SPD) auf ein ganzes Jahr im finanziellen Wert von 17 Millionen Euro. „Ein Weltkonzern hat auch eine soziale Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Region“ , appelliert sie an die Manager. Die hätten ihr zwar kürzlich ihre glänzenden Geschäftszahlen bis zum Ende des Jahres verkündet, aber erst mal keine Zeile über die Pläne mit dem Zweigwerk Elfershausen verkündet. „Auf so rudimentäre Informationen kann ich dann auch verzichten“, ließ sie Enttäuschung durchblicken.
Betriebsratsvorsitzendem Michael Walter schloss das Treffen mit einem klaren Ziel: Schaeffler werbe mit dem Slogan „Der Mensch steht im Mittelpunkt“. Daran werde man den Konzern messen.