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BAD BRÜCKENAU: Rätsel um den dritten Mann

BAD BRÜCKENAU

Rätsel um den dritten Mann

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    Es erinnerte an die unendliche Geschichte: Dreimal hatte die Richterin am Kissinger Amtsgericht die Beweisaufnahme vertagen müssen, bevor sie jetzt ein Urteil fällen konnte. Denn trotz mehrmaliger Ladungen und einem Ordnungsgeld von 600 Euro hatte der Zeuge nicht reagiert (wir berichteten). Jetzt war er im Zeugenstand erschienen, Glauben schenkte das Gericht seinen Aussagen aber nicht.

    Ein Blick zurück: Streitpunkt ist eine nächtliche Schlägerei im Mai 2012 auf dem Betriebsgelände einer Abschleppfirma in Bad Brückenau. Zwei Randalierer hatten mit ihrem Auto das Grundstück der Brückenauer Abschleppfirma geentert. „Sie haben dann in die Hofeinfahrt des Nachbarn gepinkelt und mit Kronkorken gespielt“, so beobachtete es der Nebenkläger aus dem Firmenbüro. Der 33-Jährige verständigte die Polizei, wurde aber ungeduldig.

    Ehe die Streife ankam, forderte er die zwei Querulanten auf, zu verschwinden. Was folgte, waren zwar erst ein Rückzug, dann aber erneute Geräusche am Einfahrtstor – dieses Mal, „als ob gegen das Tor getreten würde“, so das spätere Opfer . In der folgenden Diskussion mit den zwei randalierenden Brüdern schlug dem jetzigen Nebenkläger laut seiner Aussage „ein anderer aus dem Nichts“ ins Gesicht.

    Ein Schlag – und Kiefer und Jochbein sind gebrochen. Während der 33-Jährige unmittelbar nach der Tat überzeugt ist, den Angeklagten aus einer Reihe von Vorlagebildern wiederzuerkennen, streitet jener bis zuletzt ab, an dem Szenario beteiligt gewesen zu sein.

    Ob dieser dritte Mann tatsächlich der Angeklagte war, darüber schieden sich bis zuletzt die Geister. Dazu sollten die beiden Randalierer im Zeugenstand für Klarheit sorgen. Nur der jüngere Bruder kam, der ältere befindet sich im Ausland.

    Was der Zeuge ablieferte, schien wenig glaubwürdig: Der 22-Jährige hatte laut Polizei zum Zeitpunkt der Schlägerei gut drei Promille Alkohol im Blut gehabt. Entsprechend lückenhaft war sein Gedächtnis. Er erinnerte sich zwar an Details, die den befreundeten Angeklagten entlasteten, aber nicht daran, wer geschlagen wurde.

    Stattdessen brachte er einen vermeintlichen Unbekannten ins Spiel, den er nur vom Sehen „von der Bushaltestelle in Kissingen“ und als Kumpel seines älteren Bruders in Brückenau kannte. Den Verdacht des Zeugen verbuchte das Gericht als ungeschickten Versuch, den Angeklagten zu entlasten. Name? Wohnort? Nichts konnte der Zeuge beantworten. Einzig das „massive Gesicht“ habe die gebotene Ersatzperson mit dem Angeklagten gemein.

    Erinnerung verblasst

    Mehr Glauben schenkte das Gericht dem geschlagenen Nebenkläger: Der hatte den ominösen Unbekannten Stunden nach der Tat ausgeschlossen, als man ihm Bilder aus dem Bekanntenkreis des älteren Bruders vorlegte. Vorgeladen wurde dieser aber nicht. Denn während das Opfer den Angeklagten „absolut sicher“ als Täter identifiziert hatte, schloss er den anderen der Optik nach aus.

    In der jüngsten Verhandlung konnte er sich nur noch an seine damalige Aussage anlehnen, die Erinnerung war verblasst. Der Angeklagte hielt das Verfahren gegen sich für eine Farce und blieb bei seiner Aussage, dass er nicht der Gesuchte sei. Er gab sich ungeduldig, weil er im vierten Anlauf erneut Zeit aufwende, die eine Arbeitsprobewoche aufs Spiel setze. „Ich muss los. Macht, was ihr wollt“, sagte er mehrmals.

    Gedulden musste er sich noch bis zum Urteilsspruch: Die Richterin hielt ihn für den Täter. Sieben Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung lautete die Strafe. Außerdem 80 Stunden gemeinnützige Arbeit sowie 700 Euro Schmerzensgeld an den Nebenkläger. Ob er Berufung einlegt, darf sich der Angeklagte noch überlegen. Er musste dringend los zur Arbeit.

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