Es ist eine Personalie mit Signalwirkung für Bad Brückenau. Wolfgang Wildenauer hat seine Praxis an Sohn Cosmas übergeben. Von Bedeutung ist das, weil der 35-jährige Allgemeinmediziner auch als Badearzt in die Fußstapfen seines 70-jährigen Vaters treten wird. Um den Titel Bad nicht zu verlieren, muss die Stadt mindestens einen Badearzt vorweisen. Und da würde es ohne eine Verjüngung im Fachbereich langsam schwierig.
„Lange ist die Ausbildung zum Badearzt nicht sehr ernst genommen worden“, bedauert Senior Wildenauer in Sachen Nachwuchsgewinnung. Doch da ändere sich inzwischen etwas. Besonders freut ihn, dass sein Sohn in die Bresche springt. Selbst will sich Wildenauer nicht ganz zurückziehen. Seit 39 Jahren ist er für seine Patienten da. Zudem hat er das Notarztsystem in Bad Brückenau mit aufgebaut.
Jetzt macht er als Assistenzarzt in der Praxis seines Sohnes weiter. Mindestens drei Jahre hat er dafür ins Auge gefasst. „Das ist eben mehr Berufung, als Beruf“, beschreibt er seine ungebrochene Leidenschaft für die Medizin. Hilfreich ist das andauernde Engagement, weil Cosmas Wildenauer seine insgesamt sechs Wochen dauernden Ausbildungsmodule zum Badearzt erst Ende 2017 abschließt.
So lange berät eben der Vater in der Praxis Patienten mit anerkannten Badekuren zu Rheuma, Gelenken und Stoffwechselkrankheiten. Badeärzte wissen, wie die örtlichen Heilmittel den meisten Segen entfalten. „Wir haben den Gesamtorganismus im Blick“, beschreibt der Arzt diesen Teil seiner Aufgaben.
Die meisten Anwendungen drehen sich um die Heilquellen. Je nach Krankheitsbild empfiehlt Wildenauer etwa täglich zwischen 0,25 Liter und 1,5 Liter Georgi-Wasser. Der Mediziner rät auch, in welchen Rationen getrunken wird. Von Interesse ist auch, ob in Ruhe oder Bewegung getrunken wird. Das Siebenerwasser bietet sich als eines der wenigen überhaupt für innere und äußere Anwendungen an.
Es gilt als zeitintensiv, sich mit dem einzelnen Kurgast zu beschäftigen. Auch wegen der geringen Vergütung ist die Rolle des Badearztes nicht so sehr geschätzt. Zumal die Nachfrage seit der Reform der Kur in den 1990er Jahren stetig abnahm. „Jahrelang war es sehr ruhig“, pflichtet Wolfgang Wildenauer bei. Lange kamen nur 60 bis 70 Kurgäste pro Jahr in die Praxis. Dieses Jahr rechnet er mit um die 200.
Cosmas Wildenauer ist auf die Herausforderungen eingestellt. Er hat in Budapest und Würzburg studiert, dort in einer Kinderarztpraxis gearbeitet und steht seinem Vater seit gut zwei Jahren zur Seite. Bad Brückenau fühlt er sich seit seiner Kindheit verbunden und erinnert gerne daran, dass er hier im alten Krankenhaus geboren ist.
Auf die beabsichtigte Ausbildung als Badearzt kam er durch eine Werbekampagne der Stadt. Sie unterstützt die Ausbildung.
„Ich will zur Renaissance der Bad Brückenauer Kurmittel beitragen“, formuliert der Junior als ehrgeiziges Ziel. Es liege einiges brach. Durch den Fortschritt bei den Arzneimitteln sei das eine oder andere in den vergangenen 20 bis 30 Jahren in den Hintergrund getreten.
„Schonende Heilmittel wurden lange belächelt“, findet er. Inzwischen erkenne man, dass der Pharmazie grenzen gesetzt sind. Diese Chance gelte es zu nutzen.
Als aktuell zweiter Badearzt in der Stadt arbeitet Helge Zimmermann ungebrochen, heißt es aus dessen Praxis. Und dies auch in einem Alter, in dem andere längst in Rente sind.