Bad Neustadt Der Traum von Kristina Neuwert war greifbar nah. Vier Kandidaten wurden für die neue "Popstars"-Band des Privatsenders Pro7 gesucht - die Nachfolger der "No Angels". Unter 6000 Bewerbern kam die 16-Jährige aus Bad Neustadt unter die besten acht und schied dann aus. Am Boden zerstört ist sie deswegen nicht - im Gegenteil. Sie hat ihr Ziel fester denn je vor Augen.
Du bist zusammen mit dem Kandidaten Stefan die Letzte gewesen, die rausgeflogen ist. Wäre es dir im Nachhinein lieber, wenn es früher passiert wäre?
Kristina: Nein. Wenn ich beim letzten Mal nicht ausgeschieden wäre, hätte ich noch einen ganzen Monat in München bleiben müssen. Dort haben die letzten sechs Kandidaten das Album aufgenommen und einen Videoclip gedreht. Dann doch noch im Finale auszuscheiden, wäre viel schlimmer gewesen. Außerdem hätte ich dann in der Schule kaum noch aufholen können.
Du bist in der 9. Klasse der Realschule Bad Neustadt. Wie hast du das mit der Schule geregelt? Du musstest doch ständig zu den Dreharbeiten.
Kristina: Ich war im neuen Schuljahr erst drei Tage in der Schule, dann ging der erste Workshop los. Ich war drei Wochen am Stück weg.
Und das hat der Rektor deiner Schule genehmigt?
Kristina: Nein, hat er nicht. Ich bin einfach gefahren. Ich wollte mir das nicht nehmen lassen. Meine Eltern haben mich allerdings unterstützt.
Aber dann gab es Ärger mit der Schule.
Kristina: Als ich wieder kam - ich war weitergekommen - musste ich gleich vor den Disziplinarausschuss der Schule. Da hab ich dann meine kleine Strafe gekriegt.
Kleine Strafe?
Kristina (lacht): Ja, ich muss Sozialstunden ableisten - in einem Altersheim. Trotzdem habe ich vor dem Ausschuss klar gemacht, dass ich mir die Teilnahme nicht nehmen lasse. Denn es kann ja auch mal mein Beruf werden. Ich durfte dann unter der Bedingung weitermachen, dass ich in der Schule alles nachhole.
Schaffst du das auch?
Kristina: Ja, ich hab eine gute Freundin, die mir viel hilft.
Was wäre aus der Schule geworden, wenn du in die Band gekommen wärst?
Kristina: Dann hätte ich natürlich erstmal die Schule abbrechen müssen. Ich hätte meinen Abschluss aber so schnell wie möglich nachgeholt.
Hast Du am Tag deines Ausscheidens damit gerechnet, dass du gehen musst?
Kristina: Erst ganz kurz vor der Entscheidung. Aber es ist okay für mich, denn das war einfach nicht meine Musikrichtung, die da verlangt wurde. Deshalb habe ich mich auch nicht mehr wohl gefühlt. Und das hat die Jury bemerkt. Ich hatte sogar schon überlegt, freiwillig zu gehen.
Hatte das wirklich nur mit der Musik zu tun, oder auch mit den Leuten? Zum Schluss hatte man den Eindruck, dass einige Kandidaten gegen dich waren.
Kristina: Es gab Spannungen. Zwei der Mädels waren wohl gegen mich. Die Männer waren eher wie eine Familie, bei uns Mädels gab's Zickenterror. Und zwar schlimmer, als man es im Fernsehen mitbekommen hat.
Im Fernsehen sieht man ja immer nur Ausschnitte. Wie nah sind die an der Wirklichkeit?
Kristina: Es ist nur ein kleiner Teil. Viele verstehen nicht, warum auch die Männer oft geweint haben. Man sieht im Fernsehen nicht, wie emotional es dort zugeht. Manche Teilnehmer kommen auch anders rüber als sie in Wirklichkeit sind.
Es wird also manipuliert?
Kristina: Naja, es muss ja alles auf die begrenzte Fernsehzeit geschnitten werden. Aber natürlich wird es so gemacht, dass das Drama rüberkommt, dass das Fernsehen braucht.
Die vergangenen drei Monate waren für dich ganz auf "Popstars" ausgerichtet, du warst kurz davor, vor 10 000 Menschen aufzutreten. Wie ist es, plötzlich wieder den Bad Neustädter Alltag leben zu müssen?
Kristina: Die erste Woche war richtig schlimm. Ich hab das total vermisst vor der Kamera zu stehen und ins Tonstudio zu gehen. Ich bin ja so 'ne Rampensau. Aber ich habe mich dann relativ schnell wieder eingelebt, bin da sehr realistisch und konzentriere mich jetzt auf die Schule.
Erkennen dich die Bad Neustädter?
Kristina: Ja, schon. Neustadt ist ja klein, jeder kennt jeden. Die Jüngeren in der Schule holen sich sogar Autogramme. Letzte Woche war ich in Duisburg, da bin ich auch in einem Café angesprochen worden. Hier ist man da eher schüchtern.
Als Begründung deines Rauswurfs wurde dir vorgeworfen, du wärest noch zu kindlich, nicht ernsthaft genug. War das der wahre Grund?
Kristina: Nein, da wurde halt jetzt ein Grund gesucht. Einer der echten Gründe war wohl, dass ich noch keinen Schulabschluss habe.
Glaubst du wirklich, dass die Produzenten der neuen Band das interessiert?
Kristina: Ja. Wie schaut das denn aus, wenn da eine 16-Jährige ohne Abschluss in der Band steht?
Beim Training wurdet ihr oft angeschrien, körperlich und psychisch enorm belastet. Fast in jeder Folge ist ein Kandidaten zusammengebrochen. Wie hält das eine 16-Jährige aus?
Kristina: An das harte Training habe ich mich schnell gewöhnt. Aber psychisch war's der Hammer. Geholfen haben uns die vielen Gespräche mit den Trainern. Der "D!" (Choreograf Detlef Soost, Anmerkung der Redaktion) ist wie ein zweiter Papa für mich geworden.
Ihr habt bei "Popstars" ständig neue Kleidung gebraucht. Wer bezahlt das?
Kristina: Wir selbst - beziehungsweise die Eltern. Wir haben sicher jeder für 3000 Euro Klamotten gekauft. Jetzt ist das natürlich schön, den Schrank voll zu haben.
Würdest du jemanden empfehlen, an so einer Casting-Show teilzunehmen?
Kristina: Wenn jemand Talent hat, würde ich ihm nicht abraten. Man kann sehr viel lernen.
Was hast du denn gelernt?
Kristina: Ich bin auf jeden Fall viel zielstrebiger geworden. Ich hab gelernt, für etwas zu kämpfen. Wenn man aufgibt, kommt man nie zu seinem Ziel. Und ich bin auch Gott dankbar, dass ich die Erfahrung gemacht habe.
Wenn's mit der Künstlerkarriere nichts wird: womit willst du mal dein Geld verdienen?


Kristina: Ich werde noch Sängerin. Das weiß ich. Ich bin ja erst 16, das war echt nur der Anfang. "Popstars" war Promotion für mich, ich bin ein bisschen bekannt geworden. Entweder singe ich - oder ich lebe unter der Brücke.