„Zungenbrecher“ heißt das preisgekrönte Werk des 75-jährigen Komponisten Gerhard Deutschmann aus Ahorn bei Coburg. Moderator Walter O. Neumann bat das Publikum schmunzelnd um Nachsicht, dass er nicht alle vier Strophen vorlesen wollte. Der lächelnde Komponist indessen beglückwünschte den musica-viva-chor Bamberg unter Leitung von Judith Schnell nach der Uraufführung im König-Ludwig-I.-Saal im Staatsbad. Fehlerfrei, federleicht mit einer Prise Humor versetzt, hatte der Chor das vierstrophige Meisterstück aufgeführt, mit dem jetzt mancher Chorleiter die Artikulation seiner Chorsänger verbessern kann.
Einen ersten Preis gab es heuer nicht. Jedoch verliehen die Juroren neben dem zweiten Preis an Deutschmann zwei dritte Preise an Dieter Frommlet sowie einen Sonderpreis an Walter Gropper. Alle drei Preisträger waren anwesend, alle drei strahlten nach der Uraufführung ihrer Werke und beglückwünschten die beiden Chorleiter Judith Schnell (musica-viva-chor Bamberg) und Timm Wisura (Chors Cantus Sacralis aus Allersberg).
Lebendiges Chorwerk
Sowohl Gerhard Deutschmann wie Dieter Frommlet (Jahrgang 1933) sind nun achtmalige Preisträger im Valentin-Becker-Komponisten-Wettbewerb. Beide errangen bereits zweimal einen ersten Platz. Der Humor in Deutschmanns „Zungenbrecher" überzeugte die Jury. „Das Chorwerk ist lebendig, musikalisch abwechslungsreich und erfrischend und eine Bereicherung des Repertoires eines jeden guten Chores“, verriet Moderator Neumann.
1985 nahm Dieter Frommlet aus Weinstadt erstmals am Komponisten-Wettbewerb teil. Heuer gewannen zwei seiner Werke einen dritten Preis. Uraufgeführt wurde die Vertonung eines Textauszugs aus dem Hohen Lied „Denn Liebe ist stark!“ Der 15-köpfige Chor Cantus Sacralis interpretierte das anspruchsvolle, modern gesetzte und reibungsvolle Werk mit jugendlich frischen Stimmen. Geheimnisvoll und mystisch erklangen anschließend die „Rilke-Lieder“. Vier Gedichte von Rainer Maria Rilke (Bodensee, In tiefer Nacht, Erste Rosen, Das sind die Stunden) übersetzte Frommelt in Töne. Geheimnisvolle, elegische und lyrische Klangbögen arbeitete der Cantus Sacralis exzellent heraus.
Reibungsvolle Chorsätze
Erstmalig errang Walter Gropper (Jahrgang 1950) aus Erolzheim einen Sonderpreis mit „Drei Volksliedbearbeitungen“. Der Musik- und Deutschlehrer am Gymnasium in Ochsenhausen komponierte mehrstimmige Chorsätze zu „Es freit ein wilder Wassermann“, „Es waren zwei Königskinder“ und „Auf einem Baum ein Kuckuck saß“. Unter dem einfühlsamen Dirigenten Timm Wisura gelangen alle synkopische Verschiebungen, rhythmische Untermalungen und reibungsvolle Chorsätze.
Bürgermeister Thomas Ullmann überreichte die Preise an die Komponisten und hoffte, dass mit der Verleihung die Werke Eingang in die Chorliteratur nehmen würden. „Chöre sind ein wichtiges Bindeglied im kulturellen und sozialen Leben der Gemeinden und Singen fördert das kreative Denken und die Gesundheit“, betonte das Stadtoberhaupt.
Peter Jacobi, der Präsident des Fränkischen Sängerbundes, dankte der Stadt für „das vorbildliche bürgerschaftliche Engagement“, das die jährliche Durchführung des Komponistenwettbewerbs ermögliche. Nach der Preisverleihung brillierten beide Chöre mit einem Festkonzert (Bericht folgt). Abschließend postierten sich alle Sängerinnen und Sänger auf der Freitreppe des Kursaalgebäudes und schmetterten zur Freude der Statue von König-Ludwig-I. mit den Konzertbesuchern „Wohlauf die Luft geht frisch und rein“. Denn die Melodie zum Text von Viktor von Scheffel hat Valentin Becker komponiert.