„Pflegeüberleitung“ klingt technisch. Die Aufgabe ist alles andere. Claudia Beck ist für die Patienten da, die nach der Entlassung aus der Klinik weiter Pflege brauchen. Sie hilft bei der Suche nach dem Pflegeheim, nach dem Pflegedienst. Sie kümmert sich um Anmeldung, Termine, Klärung mit der Krankenkasse und um Fragen der Angehörigen.
Bevor es das Pflegeforum gab, war vieles ein bisschen schwieriger. Heute kennen sich die Menschen, die in den Kliniken, Heimen und Pflegediensten arbeiten. Da ist es oft viel leichter, zum Telefonhörer zu greifen und mit dem Kollegen am anderen Ende nach einer guten Lösung für den Patienten zu suchen. Das geht sogar soweit, dass ein Mitarbeiter des ambulante Pflegedienstes, der die Pflege zu Hause übernehmen wird, den Patienten noch im Krankenhaus kennen lernt. Gerade älteren Menschen gibt das ein wenig Sicherheit, keinen ganz Fremden zur Tür reinzulassen, wenn der Pflegedienst das erste Mal kommt.
Infoverlust an der Schnittstelle
Am 29. Januar 2004 traf sich das Pflegeforum zum ersten Mal. Claudia Beck machte Vorschläge, wie sie sich die Zusammenarbeit zwischen Klinik, Pflegeheimen und -diensten vorstellt. Jeder konnte seine Wünsche vortragen. Einig waren sich alle, dass vor allem an der Schnittstelle Krankenhaus – Pflegeeinrichtung etwas verbessert werden kann. Zumal die Patienten immer kürzer im Akutkrankenhaus bleiben.
Früher gingen an dieser Schnittstelle oft Informationen verloren. Der Patient musste – soweit er dazu in der Lage war – im Pflegeheim von Neuem erzählen, welche Hilfe er beim Waschen und Anziehen braucht, ob er selbst zur Toilette gehen kann. Das alles steht jetzt im „Pflegeüberleitungsbogen“, den eine Arbeitsgruppe des Pflegeforums in einem Jahr intensiver Arbeit erstellt hat. Seither arbeitet jede Einrichtung mit demselben Formular: „Es ist eine absolute Erleichterung.“ Der Pflegebogen wurde inzwischen zweimal überarbeitet. Das Fachmagazin „Pflege Ambulant“ hat ihn auf einer Doppelseite vorgestellt.
Alle profitieren
„Es sollte eigentlich Beispiel machen“, sagt Roberto Ranelli, der Leiter des Betreuungsdienstes am Pflegeheim Römershag. „Klar profitieren alle davon. Das ist eine gute Sache.“ Auch Anni Misch, die Leiterin von Haus Waldenfels, findet das Pflegeforum „äußerst positiv“. – „Die Häuser wachsen untereinander zusammen“, der Konkurrenzgedanke sei weg.
Gemeinsame Fortbildung zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen – das ist der zweite Schwerpunkt, den sich das Pflegeforum gewählt hat. So trafen sich kürzlich 16 Teilnehmer in der Franz-von-Prümmer-Klinik, um sich über Neues zu „Dekubitus und moderner Wundversorgung“ zu informieren. „Es ist angebracht, dass man auf dem gleichen Stand ist“, sagt Claudia Beck. Für Januar ist bereits eine Fortbildung über Demenz geplant. Ein Wunsch für die Zukunft ist, die Fortbildungen für einen größeren Kreis der Mitarbeiter zu öffnen.
Was die sechs Pflegeheime und Pflegedienste und das Krankenhaus auf die Beine gestellt haben, ist Pionierarbeit. Claudia Beck hatte zwar zuvor vom Netzwerk Pflege in Hessen gehört und auch über ein ähnliches Konzept im Raum Augsburg gelesen. Aber alles, was das Pflegeforum Bad Brückenau macht, hat es selbst erarbeitet. Vor einiger Zeit wurde Claudia Beck angerufen, weil eine Krankenkasse in Schweinfurt ein ähnliches Pflegenetzwerk aufbauen möchte. Ein gutes Konzept macht nicht nur Patienten das Leben leichter; da die Pflegekräfte Zeit sparen können, ist es auch aus Kostengründen interessant.
Über einen Umweg nach Hause
Etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten in der Franz-von-Prümmer-Klinik benötigen die Hilfe von Claudia Beck. Manchmal sucht sie einen Pflegeplatz deutschlandweit, wenn zum Beispiel Patienten nach der Erstversorgung im Akutkrankenhaus in ein Heim nach Frankfurt wollen. Oder über einen Umweg zurück nach Hause, wie es Margarete und Karl-Heinz Gerelt aus Hamburg gerade passiert ist: Für sie endete der geplante Italienurlaub in Brückenau. Bei einer Pause während der Busfahrt geht es Margarete Gerelt so schlecht, dass der Gastwirt den Notarzt ruft. In der Franz-von-Prümmer-Klinik wird die Hamburgerin notversorgt. Und jetzt? Zurück nach Hamburg? Patientenbetreuerin Claudia Beck organisiert eine Aufnahme in einer Fachklinik in Bad Neustadt. Ehepaar Gerelt ist glücklich, zu Hause in Hamburg hätten sie drei Wochen auf einen Klinikplatz warten müssen.
Im Blickpunkt
Zum Pflegeforum Bad Brückenau gehören neben der Franz-von-Prümmer-Klinik sechs Pflegeheime und sechs ambulante Pflegedienste: Arbeiterwohlfahrt Bad Brückenau, Pflegeheim Römershag, Kurstift Bad Brückenau, Haus Waldenfels in Bad Brückenau, Ambulanter Pflegedienst Wäss-Schäfer (Sinntal-Sterbfritz), Seniorenheim Sinntal Bad Brückenau, Altenpflegeheim des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes e. V. Zeitlofs, Ambulanter Pflegedienst der Diakonie Bad Brückenau und Eckarts e.V., Sozialer Pflegedienst der landeskirchlichen Gemeinschaft, Caritas Sozialstation St. Benedikt, Franz-von-Prümmer-Klinik, Ambulante Pflegedienst VIVO Zeitlofs und Gemeindepflegestation Sinntal Mottgers.