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GLEISENAU: 300 Jahre auf Fernsehauftritt gewartet

GLEISENAU

300 Jahre auf Fernsehauftritt gewartet

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    Günter Lipp mit seiner Frau und der Christusfigur.
    Günter Lipp mit seiner Frau und der Christusfigur. Foto: Foto: Lipp

    Es begann auf dem Dachboden der evangelischen Kirche von Gleisenau. 1973 muss es gewesen sein, da fand die Frau von Pfarrer Dieter Kuller dort eine hölzerne Christusfigur. Sie war verstaubt, beschädigt und ohne Geschichte. Für Inge Kuller war die Entdeckung eine Überraschung. Nicht aber für einen reisenden Antiquitätenhändler. Der muss davon gewusst haben, denn er sprach deswegen beim Pfarramt vor und behauptete, ein Vorkaufsrecht zu haben. Als sich Pfarrer Kuller davon nicht beeindrucken ließ, zog er wütend ab.

    Da stand sie nun, die Figur, knapp 90 Zentimeter groß, die Arme fehlten. Dass es sich bei ihr nicht um die Darstellung eines Heiligen, sondern von Christus selbst handelt, war leicht erkennbar: an den Wundmalen. Außerdem wird die rote Farbe des Mantels in der christlichen Symbolik immer mit Christus in Verbindung gebracht. Die Arme waren nicht abgesägt worden, sondern sind vermutlich an der Stelle abgefallen, wo man sie einst angeklebt hatte.

    Inge Kuller wollte natürlich mehr über die Geschichte der Figur wissen. In den Pfarrakten fand sich jedoch kein Hinweis. Baronin von Swaine, eine Bekannte des Pfarrerehepaars in Schloss Obertheres und Kunsthistorikerin, datierte die Figur zwar auf das späte 15. Jahrhundert. Ein direkter Bezug zur Gemeinde aber fehlte.

    Vom Dachboden ins Fernsehen

    Inge Kuller überlegte, ob die Figur als Leihgabe in der historischen Kirche des Freilichtmuseums von Bad Windsheim aufgestellt werden könnte. Weil aber dort kein Bedarf war, blieb die Figur zunächst in Gleisenau und trat 1977, nach der Versetzung von Pfarrer Kuller, die Reise nach München an.

    2010 brachte Pfarrer Kuller den Christus dann wieder nach Gleisenau. Dort bewunderte bei einem Besuch Kreisheimatpfleger Günther Lipp die Figur. Wegen ihrer Archaik und Ausstrahlung, wie er sagt. Pfarrer Foltin konnte ihm nicht viel über sie erzählen und so bot Lipp ihm an, damit bei der Antiquitätensendung „Kunst und Krempel“ vorzusprechen.

    Schon kurz nach der Anfrage kam vom Bayerischen Fernsehen die Einladung, die Figur vorzustellen. Nach Meinung der Experten stammt das Stück aus dem frühen 17. Jahrhundert. Damals, nach der Reformation, hätten die Anhänger Luthers den verschwenderischen Kirchenschmuck abgelehnt. So sei die Figur wahrscheinlich von einem Einheimischen zwar nicht schlecht, aber doch eher bieder gefertigt worden.

    Die rechte Hand hatte der Christus wohl zum Segnen erhoben, in der linken hielt er wahrscheinlich die Auferstehungsfahne. Den Wert der Figur schätzten die Experten auf 1000 bis 1500 Euro.

    Nicht mehr vorzeigbar

    Die Erklärung passt in etwa zur Kirchengeschichte von Ebelsbach-Gleisenau: Die Schlosskapelle ist 1580 als Mittelpunkt der evangelisch-lutherischen Pfarrei errichtet worden. Möglich, dass der Christus eigens für sie geschaffen wurde. Als 1711 in Gleisenau dann die „neue“ evangelische Kirche errichtet worden war, hat man die Figur möglicherweise auf den Spitzboden verbannt, wo ihr die angesetzten Arme abfielen. Damit war sie erst recht nicht mehr vorzeigbar und musste fast 300 Jahre warten, bis sie durch einen Zufall wieder entdeckt wurde.

    Die Sendung „Kunst und Krempel“ mit der Gleisenauer Christusfigur läuft am Samstag, 12. November, im Bayerischen Fernsehen um 19.45 Uhr.

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