Die Stimmung ist bestens, auch wenn die Umstände alles andere als normal sind. Von Weitem schaut die Staubwolke aus, als würde auf dem Feld zwischen Hofheim und Reckertshausen noch gedroschen. Aus der Nähe betrachtet wird deutlich: Mit einem Mähdrescher hat die seltsame Maschine herzlich wenig zu tun.
Auf der Maschine stehen Max Wörner und seine Helfer inmitten der Staubwolke. Vor ihnen laufen auf dem Förderband Kartoffeln vorbei. Aber leider nicht nur die goldgelben Knollen. Kartoffelernte mit dem Vollernter ist angesagt, beim Hofheimer Biobauern Wörner.

Eine Kartoffelernte, wie er sie so noch nicht erlebt hat: 30 Grad zeigt das Thermometer, wochenlang hat es nicht geregnet, und es staubt wie beim Dreschen.
Das Jahr war alles andere als ein ideales Kartoffeljahr, sagt Wörner und blickt auf das Förderband. Dort wird deutlich, was er damit meint: zwischen Kartoffeln, wie er sie sich wünscht, viele kleine und Knollen mit grüner Färbung.
Aber was besonders hinderlich ist: Zusammen mit den Kartoffeln werden auch jede Menge Erdbrocken von der Maschine „geerntet“, weil die halt nun mal nicht unterscheiden kann, ob das runde Gebilde, das sie gerodet hat, Erde oder Frucht ist. Dennoch ist Wörner heilfroh, dass Manfred Hahn aus Untertheres mit seiner Maschine auf dem Feld zugange ist.
Jahrzehnte auf dem Buckel
Drei oder vier Jahrzehnte dürfte der Kartoffelvollernter schon auf dem Buckel haben, erzählt Hahn, er selbst hat sie erst vor einem knappen Jahrzehnt gekauft.
Hahn baut auch selbst Kartoffeln an, und er weiß, was das für eine Erleichterung im Vergleich zu früheren Jahren ist. Schmunzelnd sagt er: „Ich bin auch noch auf dem Feld gemobbert.“ Mobbern heißt: Auf den Knien rutschend, wurden die gerodeten Kartoffeln in Körbe gelesen. Von dort wanderten sie dann in Säcke und auf den Wagen.
Genau diese Arbeitsschritte übernimmt die Maschine. Drei Schare heben die Kartoffeln aus dem Boden, erläutert Hahn. Neben den Scharen sorgen zwei rotierende Scheiben dafür, dass zum einen die Kartoffeln nicht wegfallen, aber auch, dass das Kraut der Pflanze abgeschnitten wird und nicht in die Maschine kommt und den Weitertransport der Kartoffeln behindert.
Nachdem sie aus der Erde gehoben wurden, wandern die Kartoffeln auf ein Transportband und von dort in das große, markante, rotierende Rad. Dieses Rad sorgt nicht nur dafür, dass die Knollen weitertransportiert werden, sondern durch die Bewegung dieses überdimensionalen Siebs sollen sie auch noch einmal Erdanhang verlieren. Blitzsauber, angesichts der Trockenheit, kommen in diesem Jahr die Kartoffeln dann auf der nächsten Station an, dem Ausleseband. Und hier kommen Max Wörner und seine Crew ins Spiel: Fleißig sind er und seine Frau Bernadette, Thomas Krines und Fabian Hahn dabei, Erde und unerwünschte Kartoffeln von denen zu trennen, wie sie die Kunden sich wünschen.
Letztere rollen dann auf dem Transportband weiter und landen im Sack. Dass der nicht überläuft, sondern immer wieder ein neuer bereit steht, dafür sorgt „Maschinist“ Manfred Hahn.

In Bewegung gehalten wird der Vollernter über eine Gelenkwelle, angetrieben wird die über den Traktor, der den Vollernter zieht. Ganz genau muss dabei Fahrer Erich Heinrich hinschauen, dass er die Maschine so lenkt, dass die Kartoffelzeilen genau getroffen werden.
Anbaufläche schrumpft stetig
Die Witterung war in diesem Jahr kein Freund der Kartoffelbauern: Es gab keinen richtigen Winter, der den Boden locker gemacht hätte, es war lange kühl, es folgte eine lange nasskalte Periode. Und dann die Trockenheit, blickt Wörner zurück. Dennoch ist er zufrieden, mit dem, was da in den Säcken landet.

Ob er den Kartoffelanbau in der bisherigen Größenordnung allerdings weiter betreibt, das will er sich noch überlegen. Der Grund: die Erlöse, die zu erzielen sind. Ist es ein gutes Jahr, „dann kaufen die Leute in den Supermärkten das Kilo für 20 Cent“. Er ist froh, dass er zumindest treue Stammkundschaft hat.
Einen halben Hektar baut Wörner bislang. Verliert auch er die Lust am Kartoffelanbau, dann geht er den Weg, den viele Landwirte im Landkreis schon vor ihm in den vergangenen Jahrzehnten beschritten haben.
Das zeigen Zahlen: Wurden im Jahr 1994 im Landkreis Haßberge zumindest noch rund 140 Hektar Kartoffeln angebaut, schrumpfte die Anbaufläche kontinuierlich, berichtet Heinz-Dieter Hofmann vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt. Zur Jahrtausendwende waren es noch 90 Hektar. Ein Jahrzehnt später hatte sich die Anbaufläche weiter halbiert. Und im laufenden Jahr waren es gerade noch 25 Hektar Kartoffeln, die im Landkreis Haßberge angebaut wurden.

Warum die Fläche so schrumpfte? Natürlich ist auch der Strukturwandel ein Grund, so Hofmann, denn vor Jahrzehnten gab es nun mal noch mehr Betriebe, kleinere Betriebe, da gehörte der Kartoffelanbau dazu. Mit den kleineren Betrieben ist auch der Kartoffelanbau auf der Strecke geblieben.
Auf Großbetrieben fehlt für diese Frucht oftmals die Zeit. Zudem ist es nicht mit dem Anbau allein getan, denn auch die Lagerung ist wichtig. Und dazu muss auch Geld in die Hand genommen werden, um die Früchte unter anderem frostfrei und kühl zu halten.
Früher gab's Kartoffelferien
Froh ist Max Wörner auf jeden Fall schon mal, dass Manfred Hahns Maschine die Ernte erleichtert hat. Denn: Mit dem Vollernter dauert das Ernten der rund 200 Meter langen Zeile rund eine halbe Stunde, per Hand die Früchte aufzulesen, würde zwei Stunden benötigen, „ganz abgesehen vom Bücken und Knien“, so Wörner. Freilich gibt es auch modernere Vollernter, „nur die würden bei einem halben Hektar gar nicht hier anfangen“, so der Biolandwirt weiter.
Und froh ist er auch, dass er immer wieder Helfer findet, die mit ihm auf der Maschine stehen. Denn so wie früher ist es nun mal nicht mehr, als es genügend Leute gab, die beim Kartoffeln zusammenlesen mit der Hand helfen konnten.
Ganz früher, so berichtet Manfred Hahns Ehefrau Maria, da gab es gar noch Kartoffelferien für die Schulkinder. Und schmunzelnd ergänzt ihr Mann: „Als ich früher zur Kartoffelerntezeit von der Schule kam, da lag ein Zettel auf dem Tisch: ,Sind draus die Kartoffeln'. Und wehe, Du bist nicht raus, dann gab's …“