Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Haßberge
Icon Pfeil nach unten
Haßbergkreis
Icon Pfeil nach unten

BAMBERG: Alles für Süßholz-Raspler

BAMBERG

Alles für Süßholz-Raspler

    • |
    • |
    Gärtnertradition: Gertrud Leumer hält eine Süßholzwurzel, wie sie auch auf historischen Bamberger Stadtplänen zu sehen ist.
    Gärtnertradition: Gertrud Leumer hält eine Süßholzwurzel, wie sie auch auf historischen Bamberger Stadtplänen zu sehen ist. Foto: Foto: Felix Dunkl

    Schon Heinrich Heine wusste es: „Am leuchtenden Sommermorgen geh ich im Garten herum. Es flüstern und sprechen die Blumen. Ich aber, ich wandle stumm.“

    In der Bamberger Kräutergärtnerei Mussärol ist ein ähnliches Bild zu sehen. Stumm und interessiert folgt eine 18-köpfige Gruppe Gertrud Leumer. Seit sechs Generationen betreibt ihre Familie in der Nürnberger Straße die Gärtnerei. 19 Jahre ist es her, dass Gertrud Leumer den Entschluss fasste, sich komplett auf Kräuter im biologischem Anbau zu konzentrieren.

    Rund 90 Minuten führt die Diplom-Ingenieurin für Landespflege die Interessenten durch das 3000 Quadratmeter große Areal. „Grundsätzlich kann zwischen zwei Kategorien unterschieden werden. Kräuter, die es sonnig und trocken lieben oder Kräuter, die schattige und feuchte Plätze brauchen.“

    Wahrer Artenreichtum

    Umgeben von 200 verschiedenen Gewächsarten erklärt Gertrud Leumer den Umgang mit Küchenkräutern und speziellen Bamberger Arten. Wichtig ist ihr dabei immer zu betonen, dass die Pflanzen nach dem Kauf sofort umgepflanzt werden, so dass sie größeren Wurzelraum sowie mehr Nährstoffe aus dem Erdboden bekommen.

    Das gilt auch für Kräuter, die beim Discounter gekauft werden, und meist als Einwegprodukt angesehen werden.

    Selbst Basilikum kann einen ganzen Sommer halten, sobald er an einem geschützten und sonnigen Ort in einem großen Topf wächst. „Abschneiden sollte man immer von oben nach unten und nicht die einzelnen Blätter abreißen. Wenn immer an der Blattachsel abgeschnitten wird, wächst der Basilikum besser nach.“, verrät Gertrud Leumer. Im Garten sollte das Königskraut, wie es auch genannt wird, dennoch nicht unbedingt gepflanzt werden, da sonst Schnecken angezogen werden.

    Immer wieder gibt sie Hinweise dieser Art, gibt Gesundheitstipps (Basilikum hilft bei unruhigen Mägen) oder vertraut den Besuchern Rezepte an. Pfefferminze ist beispielsweise nur eine von 200 Minzarten, und ihrer Meinung nicht unbedingt die Beste: „Für Cocktails, wie Mojitos, eignet sich wesentlich besser die Hemingway-Minze. Während für frische Teeaufgüsse die Bergamotte-Minze verwendet werden soll.“

    Und natürlich darf auch das namensgebende Kraut der Gärtnerei nicht fehlen: Mussärol, der bambergerische Ausdruck für Majoran. Der echte Majoran wirkt verdauungsfördernd.

    Ein Grund, weswegen er vor allem in fettigen Gerichten verwendet wird, wie etwa in den fränkischen Bratwürsten, und deswegen in Bamberg auch tief verwurzelt ist.

    Hinter Häusern versteckt

    Schon die Großmutter von Gertrud Leumer trocknete „Mussärol“ auf ihrem Dachboden und reiht sich damit in eine Bamberger Tradition ein. Schon im Mittelalter haben die Domstädter auf ihren Feldern Kräuter angebaut. Heute liegen diese Flächen versteckt zwischen den Straßenzügen.

    Von außen sind oftmals nur Häuserzeilen erkennbar, dahinter verbirgt sich in der Gärtnerstadt aber eine unsichtbare grüne Insel. Diese Oase ist neben der Bergstadt und der Inselstadt eins der drei Elemente, warum Bamberg überhaupt UNESCO-Weltkurerbe ist.

    Seit dem Mittelalter wurde auf diesen Flächen Süßholz angebaut. Eine Pflanze, die bis in die 60er Jahre fester Bestandteil der Bamberger Kultur war und sogar auf den ersten Stadtplänen als Logo zu sehen ist. Die fingerdicke Wurzel wird nach dem Trocknen hart wie Holz und kann geraspelt werden – eine Tätigkeit, die das Sprichwort „Süßholz raspeln“ geprägt hat.

    Die feinen Späne dienen bis heute als Basis für Lakritze. Ein Teil der harten aber süßen Wurzel wurde früher aber auch einfach so gekaut bis der Geschmack verloren ging. Rückblickend kann sie als Vorläufer des Kaugummis angesehen wird.

    Mittlerweile wird der aufwendige Anbau in Europa nur noch im Baskenland und Italien betrieben. Hauptproduzent ist China, das die Süßholzwurzel weltweit exportieren. Doch dank Gertrud Leumer gibt es auch in Bamberg wieder eine Süßholz-Zucht. Im Rahmen der Landesgartenschau gründete sie schon 2010 die „Bamberger Süßholz-Gesellschaft“ und knüpfte an die alte Tradition an.

    Acht Meter lange Wurzel

    Drei Jahre dauert es bis die zu acht Meter lange Wurzel geerntet werden kann. Dieses Jahr wird die erste Ernte erwartet. Bei Erfolg möchte Leumer die Zucht wieder so weit ausbauen, dass es neben den Bamberger Hörnla bald wieder als Bamberger Produkt angesehen und auch touristisch vermarktet werden kann.

    Eine Geste, die der Bamberger Gärtnerstadt wieder ein Stück verloren gegangene Tradition zurück bringt.

    Weitere Informationen: Wissenswertes zum Thema gibt es im Internet unter www.biokraeuter.info und www.bamberger-suessholz.de.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden