„. . . sie aber machen feine, herzergreifende Weisen daraus, und das klingt und jauchzt und zittert und weint und trillert aus ihren Instrumenten heraus, daß man nur lauschen mag und immer lauschen . . .“ – so schrieb 1888 die Tageszeitung „Münchner Neueste Nachrichten“ über den ersten Auftritt der berühmten Wiener „Schrammeln“ in München.
Ebenso könnte der Bericht vom Konzert des Ensembles „Ringelspiel“ im Rügheimer Schüttbau lauten, dessen Musiker sich dem Wienerlied, der Wiener Kaffeehausmusik und den Werken der Gebrüder Schrammel verschrieben haben.
Schon mit dem ersten Walzer von Johann Schrammel „Wie der Schnabel g'wachsen is“ bewies das hochkarätig besetzte Quartett sein Können. In fortwährend neuen Schattierungen, teils heiter-beschwingt, teils mit einem Hauch Melancholie, erklangen die Melodien – mal zart zurückhaltend, mal kräftig ausholend.
Die Brüder Johann und Josef Schrammel wuchsen in der Wiener Volksmusikszene auf. Sowohl Vater Kaspar als auch Mutter Aloisia waren hauptberufliche Volksmusikanten. Zwei Geigen, eine Gitarre und eine Klarinette: Das Schrammel-Quartett wurde mit seiner meisterhaften Spieltechnik und einer ganz eigenen Klangfarbe zum Namensgeber typischer Wiener Volksmusik.
Mit Hela Risto (erste Geige), Franz Blaschko (zweite Geige und Kontrabass), Ina Hesse (Gitarre) und Jochen Seggelke (Klarinette) erweckt das Ensemble die ganz besondere Klangfarbe der „Schrammeln“ wieder zum Leben. Dazu trägt vor allem auch die kleine G-Klarinette bei, wegen ihrem süßen Klang von den Wienern auch „picksüßes Hölzl“ genannt. Jochen Seggelke versteht es nicht nur, diese spezielle Klarinette meisterhaft zu spielen, er hat sie auch selbst gebaut. Der Klarinettist schloss an sein Musikstudium eine Ausbildung zum Holzblasinstrumentenmacher an. Er fertigt in seiner Werkstatt in Bamberg sowohl moderne Klarinetten als auch Nachbauten historischer Instrumente. Perfekt meisterte er zusammen mit Hela Risto die Parallelführungen von Klarinette und erster Geige in den Kompositionen von Johann Schrammel.
Charmant plaudernd, informierte Schauspieler Georg Leumer über die Herkunft der Stücke. Im breitesten Wiener Dialekt servierte er allerlei „Schmankerln“ und glänzte auch als Sänger als würdiger Vertreter des Wiener Schmähs.
Was wäre ein Abend mit Wienerliedern ohne Paul Hörbiger und Hans Moser: Wie studierte Nachtigallen trällerte das Publikum zum Lied „Der alte Sünder“ aus dem gleichnamigen Film mit Paul Hörbiger. Viele feine Akzente setzten die Instrumente bei ihrer wunderbaren Begleitung des Liedes. Als stünde der raunzende Hans Moser in seiner Paraderolle wieder auf der Bühne, ereiferte sich Leumer in dem Lied „Hallo Dienstmann“ über die Zumutungen, denen ein solcher im alltäglichen Leben ausgesetzt ist. Dass er den Wein nicht nur schon kilometerweit riecht, sondern ihn auch gerne trinkt, war dem Sänger dieses Liedes deutlich anzuhören.
Die österreichischen Kabarettisten Karl Farkas und Ernst Waldbrunn wurden durch ihre Doppelconférencen – einer der Gescheite, der andere der Dumme – berühmt. Zur Höchstform lief Leumer auf, als er einen solchen Dialog, stets von der einen in die andere Rolle schlüpfend, darbot.
Mit einem feurigen Czardas – virtuos Hela Risto in Stehgeigermanier –, flotten Polkas und leichte Melodien ging es aufs Ende zu. Eine schöne Leich' braucht er nicht, singt Leumer als „Pompfüneberer“, wie die österreichischen Bestatter genannt werden. Aber den letzten Gruß, den müssen ihm die Schrammeln spielen, wünscht er sich. Und auch im letzten Lied scheint er noch mal auf, der besondere Wiener Schmäh, makaber, morbide, melancholisch, mit einem Schuss Selbstironie versehen: „Allweil fidel“ muss es sein „Wann i amal stirb“ - Leumer trägt das Lied so herrlich anrührend vor, dass man schier in reiner Gefühlsseligkeit versinken könnte. Das verhindern eine spritzige Schrammel-Polka und die zungenbrecherische „Telefonbuchpolka“ von Georg Kreisler, die es für den begeisterten Applaus als Dreingabe gibt.