Da stehen sie, die sieben Kartons mit den Knochen, Eisen- oder Keramikteilen. Alles fein säuberlich in kleinere oder größere Tüten abgepackt. Insgesamt über 80 Kilo.
„Kein Haßfurter hat mehr gewusst, wo die Funde sind“, sagt Hobby-Historiker Wolfgang Jäger vom Historischen Verein Haßberge. Aufgefallen war das Fehlen der Funde vor einigen Monaten bei einem Vortrag des Archäologen Michael Jandejsek über die Grabung des Bamberger Professors Dr. Walter Sage in den Jahren von 1984 bis 1986. Professor Sage hatte seinerzeit beim Um- und Neubau des Herrenhofs zum Landratsamt auf dem Areal, auf dem im 4. und 5. Jahrhundert eine germanische Befestigungsanlage und dann die Haßfurter Stadtburg stand, auf der Baustelle Notgrabungen durchgeführt.
„Michael Jandejsek und ich haben uns dann über unsere alten Kontakte an der Universität Bamberg erkundigt“, berichtet Dr. Stephan Diller vom Historischen Verein Haßberge. Und die beiden hatten Glück: Im Keller der Witwe des Technikers Werner Feil, der maßgeblich an der Grabung beteiligt war, lagerten die Kisten. Jandejsek holte sie dort ab und lagerte sie kurz bei sich ein. So lange, bis Stephan Diller sie nach Haßfurt holte. Jetzt sind sie auf dem Dachboden des Bauhofs der Stadt Haßfurt untergebracht, neben vielen anderen Funden.
„Wir möchten die Funde unbedingt auswerten lassen“, sagt Diller. „Denn bisher wissen wir eigentlich noch überhaupt nichts.“ Irgendwann zwischen dem 4. Jahrhundert nach Christus und den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts sind die Stücke in die Erde gekommen: „Einiges ist schon sehr alt, wir haben zum Beispiel historische Ziegeln oder auch Töpfe hier in den Kisten“, so Jäger. „Es sind die reinsten Wundertüten.“
Bisher sind die Funde lediglich in Tüten verpackt und diese mit einer groben Beschreibung, dem Fundort und dem Tag des Fundes etikettiert. Es wurde so vorgegangen, dass alles, was an einer Stelle gefunden wurde, auch in eine Tüte kam.
Auf einer Tüte mit vielen kleinen und größeren Knochen steht zum Beispiel lapidar: „Knochen, hauptsächlich von Tieren.“ „Da sind wohl auch Menschenknochen darunter. Aber genau kann ich es nicht sagen“, sagt Diller.
An der Universität Bamberg hatte sich nach der Emeritierung des Professors Sage keiner mehr für die Funde interessiert.
Die beiden besten Funde, eine so genannte Franziska, also eine germanische Streitaxt, und ein Möhringer Schwert, so fanden Diller und Jäger heraus, befinden sich in der Vor- und Frühgeschichtlichen Sammlung im Schloss Oberschwappach.
Darum, dass auch die anderen sieben Kisten ausgewertet und katalogisiert werden können, und die besten Stücke sogar gezeichnet werden, will sich der Historische Verein jetzt kümmern. „Denn in den Geschichtsbüchern, beispielsweise über den 30-Jährigen Krieg, fehlt der Landkreis Haßberge fast immer. Und das liegt auch daran, dass hier fast nichts untersucht wurde“, erklärt Jäger.
Im April 2005 hatte der schon einmal Grabungsfunde übernommen, diese waren beim Bau der Tiefgarage der Haßfurter Sparkasse ans Tageslicht gekommen. Auch diese Funde möchten Diller und Jäger gerne auswerten lassen.
Nur die Auswertung der Funde aus dem Herrenhof würde einen Archäologen etwa zwei Monate lang beschäftigen. „Wir hoffen jedenfalls, dass wir für die Analyse Gelder aus verschiedenen Kulturstiftungen bekommen können“, sagt Diller. Danach würde der Historische Verein die Funde als Dauerleihgabe an die Stadt Haßfurt zurückgeben. Aber bis es so weit ist, bleiben die Fundstücke erstmal eingetütet.