Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Haßberge
Icon Pfeil nach unten
Haßbergkreis
Icon Pfeil nach unten

BAMBERG: Auf der Suche nach Menschlichkeit

BAMBERG

Auf der Suche nach Menschlichkeit

    • |
    • |
    Pastoralreferent Hubertus Lieberth und Rabbinerin Antje Yael Deusel haben den Rokokosaal im Alten Rathaus vorab aufgesucht.
    Pastoralreferent Hubertus Lieberth und Rabbinerin Antje Yael Deusel haben den Rokokosaal im Alten Rathaus vorab aufgesucht. Foto: Foto: Marion Krüger-Hundrup

    Auch nach 1945 ist rassistisch-antisemitisches Denken und Handeln nicht vom Tisch. Im Gegenteil. In keinem anderen EU-Land ist der Anteil derer, die sich mit Antisemitismus konfrontiert sehen, so hoch wie in Deutschland. Das geht aus der Studie „Erfahrungen und Wahrnehmungen von Antisemitismus“ hervor, die von der EU-Grundrechteagentur veröffentlicht wurde. Von den befragten jüdischen Deutschen haben 29 Prozent in den vergangenen Monaten selbst miterlebt, wie andere Juden verbal beleidigt oder physisch angegriffen wurden. Auf Schulhöfen ist „Du Jude“ zum Schimpfwort gegenüber unliebsamen Mitschülern jedweder Religionszugehörigkeit geworden.

    „Mensch, wo bist du?“

    In diesem angespannten Klima bekommt die „Woche der Brüderlichkeit“ vom 10. bis 17. März ihre wichtige Bedeutung. Sie wird bundesweit von den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit veranstaltet und heuer zentral in Nürnberg von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am kommenden Sonntag eröffnet. Das Leitthema der Woche lautet: „Mensch, wo bist du? – Gemeinsam gegen Judenfeindschaft“.

    Da die Hauptveranstaltung in Nürnberg stattfindet, „ist die ganze Region im Umkreis in besonderer Weise eingeladen, das ganze Jahr 2019 entsprechend zu gestalten“, sagt Pastoralreferent Hubertus Lieberth, Beauftragter für den interreligiösen Dialog im katholischen Dekanat Bamberg. Gemeinsam mit dem evangelischen Dekanat und den beiden jüdischen Gemeinden in Bamberg koordiniert Lieberth das breitgefächerte lokale Programm. Dabei können sie – wie der Pastoralreferent anmerkt – auf die gut funktionierende Zusammenarbeit im „Zelt der Religionen“ am Markusplatz zurückgreifen: „Das Zelt ist das Symbol für den funktionierenden Dialog der Religionen in Bamberg“, betont Lieberth.

    Feier in Bambergs „guter Stube“

    Zumal – und das ist das spezifisch Bambergerische in der „Woche der Brüderlichkeit“ – auch Muslime und neuerdings Baha‘ í eingebunden sind. „Wir suchen gemeinsam nach dem Menschen, nach Menschlichkeit“, legt Lieberth das Motto „Mensch, wo bist du?“ aus. Es müsse „im Herzen ankommen“, ergänzt Antje Yael Deusel, Rabbinerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde „Mischkan ha-Tfila“ in Bamberg. „Wenn nur einer rausgeht und einen Gedanken mitnimmt und daran weiter arbeitet, ist viel erreicht“, lädt die Rabbinerin vor allem zur Eröffnung der „Woche der Brüderlichkeit“ in Bamberg ein. Diese multireligiöse Feier findet erstmals nicht in einem Gotteshaus statt, sondern im Rokokosaal des Alten Rathauses; und zwar am Montag, 11. März, ab 19 Uhr. Für die Koordinatoren Lieberth und Deusel ist diese Feier „in der guten Stube der Stadt Bamberg ein Zeichen der Zeit und für die Zusage der Geschwisterlichkeit“. Für den Schirmherren der Bamberger Woche, Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD), wird Zweiter Bürgermeister Christian Lange (CSU) ein Grußwort sprechen. Weitere Grußworte kommen von Martin Arieh Rudolph, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, und von Mohamed Hédi Addala, Vorsitzender des Migranten- und Integrationsbeirates der Stadt Bamberg.

    Koran, Thora und Bibel

    Zu den religiösen Elementen der Feier gehören Lesungen und Kurzauslegungen aus der Thora, dem Koran, der Bibel und den Heiligen Schriften der Baha‘ í, und zwar durch Rabbinerin Deusel, Imam Yasar Sahin der Ditib-Gemeinde und Abd el-Halim Ragab, Diakon Ulrich Ortner und Dekan Hans-Martin-Lechner sowie Johannes Rosenbaum. Musik mit Flöte und persischer Laute wird die Feierstunde begleiten.

    Rabbinerin Deusel hat eine klare Haltung gegenüber gesellschaftlichen Tendenzen, in denen Minderheiten als Sündenböcke für alle angsteinflößenden Vorgänge in der Welt herhalten müssen. Dabei warnt sie davor, „Judenfeindschaft und Judenkritik in einen Topf zu werfen“. Man müsse unterscheiden zwischen „berechtigter Kritik an Israel, die nicht verboten ist, und Antisemitismus aus rassistischen oder religiösen Gründen“. Es gebe wohl „Empfindlichkeiten gegenüber Kritik an Israel“, räumt die Rabbinerin ein. Doch man müsse unterscheiden, „wie man kritisiert, und welche Konsequenzen daraus gezogen werden“. Und ob sich unter dem „Deckmantel von Kritik nicht doch Antisemitismus verbirgt“.

    Quadrolog zwischen Religionen

    Eine gute Gelegenheit, eigene Standpunkte zu überdenken und sich unvoreingenommen zu informieren, ist das gesamte Jahresprogramm, mit der die „Woche der Brüderlichkeit“ sozusagen in Franken verlängert wird. Allein in Bamberg öffnen die beiden jüdischen Gemeinden mehrfach ihre Pforten. Das „Zelt der Religionen“ vertieft seinen „Quadrolog“ mit vier Religionen, Stadtspaziergänge im Weltkulturerbe führen zu Spuren christlich-jüdischen Zusammenlebens und vieles mehr.

    Den Veranstaltungskalender gibt es im Internet unter www.wdb-franken.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden