„Gewollt“ hatte der Heimatgeschichtliche Arbeitskreis Ebelsbach wie jedes Jahr eine Ausstellung in der Schlosskapelle Gleisenau, „Ungewollt“ nannten die drei jungen Künstler Michael Kuhn, Michaela und Paul Reitz die Präsentation ihrer Werke. Bei der Vernissage, zu der Roland Mayer als Vorsitzender des Heimatgeschichtlichen Arbeitskreises und Bürgermeister Walter Ziegler als Hausherr zahlreiche Kunstinteressierte willkommen hießen, hielt Dieter Kraft eine eindrucksvolle Laudatio, Michael Scholl und Angelika Eirich umrahmten die Veranstaltung mit Klangsteinmusik musikalisch.
Bürgermeister Walter Ziegler freute sich, dass der Heimatgeschichtliche Arbeitskreis jedes Jahr um die Osterzeit, das sei mittlerweile schon Tradition, die Kühle der Schlosskapelle mit einer Ausstellung erwärme. Er sei immer wieder angetan vom kreativen Schaffen der ausstellenden Künstler.
Dieter Kraft begann seine Laudatio mit einigen Sätzen über den Begriff „Kunst“. Kunst und die Frage der Definition polarisiere. Diesen Zwiespalt habe es in allen Bereichen der Kunst, in der Musik oder der Literatur, eigentlich schon immer gegeben. Kubistische Werke von Pablo Picasso oder die Musik der Beatles und der Rolling Stones hätten anfangs die Meinungen gespalten, zählten heute aber zu den Klassikern der Kunstgeschichte bzw. der Musik. Es liege in der menschlichen Natur, dass man Neuem und Unbekannten erst mit Skepsis oder sogar Ablehnung begegne. Wenn man Kunst verstehen wolle, müsse man sich damit befassen, forderte Dieter Kraft. Sein bereits verstorbener Freund Herbert Roller habe ihn eine wunderbare Definition von Kunst geliefert: „Kunst ist die Suche nach einer Nische, die noch keiner vorher betreten hat.“
Michael Kuhn, Michaela und Paul Reitz hätten so eine Nische betreten, ihre Arbeiten seien etwas vollkommen Neues und Eigenständiges. Sie kreieren und setzen ihre Ideen und Vorstellungen in die Wirklichkeit um. Ihre Werke seien in erster Linie Selbstzweck und hielten es mit Arnold Schönbeck, der meinte: „Der Künstler tut nichts, was andere für schön halten, sondern nur, was ihm notwendig ist.“
Die drei jungen Künstler hätten die Grenze vom Kunsthandwerk zur Kunst locker überschritten, zeigte sich Dieter Kraft überzeugt. Michaela Reitz ist selbstständige Friseurmeisterin und hat zusätzlich eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Maskenbilderin absolviert, ihr Mann Paul ist gelernter Lackierer und bei den gemeinsamen Arbeiten für die Technik und das Arrangement zuständig. Michael Kuhn betreibt in Ebelsbach ein Tattoo-Studio und weiß, wie man mit Zeichenstift und Farben umgehen muss.
Dieter Kraft meinte, beim Betrachten der Arbeiten der jungen Künstler immer wieder das Thema „Vergänglichkeit“ zu erkennen und zeigte dies an mehreren Beispielen auf. Alle Arbeiten stecken voller Symbolik und regen die Fantasie an, bei Michael Kuhn mit anderen Mitteln als bei Michaela und Paul Reitz. Nachdem Dieter Kraft seine Eindrücke wiedergegeben hatte, ermunterte er die Besucher, sich selbst ein Bild von den Arbeiten zu machen. Es könne durchaus sein, meinte er, dass der Betrachter bei manchen Werken irritiert sei, weil er nicht wisse, was der Künstler ausdrücken wolle. Zum Schluss zitierte Kraft noch Otto Ludwig, der einmal sagte: „Jede Kunst schließt ein Handwerk ein. Wo das Handwerk aufhört, das beginnt die eigentliche Kunst.“ Bei den ausgestellten Arbeiten, so Dieter Kraft, höre das Handwerk auf.