Bevor sie das erste Mal nach Birkenfeld kam, hätte Mirjam Gräfin zu Ortenburg nicht gedacht, dass sie eine richtige Villa erwartet. „Von Bekannten wurde mir erzählt, dass die Eltern von meinem Mann auf einem verkommenen Hof leben würden“, gesteht die Gräfin lachend. „Als ich es dann aber mit eigenen Augen sah, hab ich es sofort geliebt – trotz des teilweise desolaten Zustandes. Das Gebäude versprüht einen Charme, der sofort anspricht.“ Ihr Mann Philipp Graf zu Ortenburg ist hier aufgewachsen. „Schloss“ ist formal allerdings die falsche Bezeichnung. „Architektonisch gesehen handelt es sich um einen reinen Rokoko-Bau, eine Villa im italienischen Stil“, erklärt Gräfin Mirjam, wie sie die Gemeindemitglieder größtenteils nennen.
Kennengelernt hat sie ihren Mann zufällig in einem Hotel in Südafrika – er machte gerade ein Praktikum im Rahmen seines Maschinenbau-Studiums und sie im Rahmen ihres Jura-Studiums. Als sie 1992 hierher zogen, stellte sich heraus, dass das Schloss einsturzgefährdet war. Sie erwarben die Anlage, um sie wieder aufzubauen und herzurichten. „Bis 2000 waren wir quasi nur mit grundlegenden Sanierungs- und Renovierungsarbeiten beschäftigt und zogen ständig in andere Zimmer um, weil die alten an der Reihe waren“, erinnert sich Gräfin Mirjam.
Erst nach diesen notwendigen Baumaßnahmen konnte das Ehepaar beginnen das zu tun, was es schon lange vorhatte: den Ausbau der Nebengebäude zu Ferienwohnungen. „Und mittlerweile können wir schon mehrere Ferienwohnungen anbieten“, freut sich die Schlossherrin. „Je mehr Menschen hier in der Schlossanlage wohnen, desto größer ist ihre Zukunftschance.“ Letztere sei nämlich aufgrund von „kurzsichtigen, bürokratischen Anforderungen“ nicht immer gesichert. „Die Auflagen für die Erhaltung solcher Gemäuer sind so hoch, dass sie den Häusern ihr Be-Leben nehmen könnten. Ich halte das für einen historischen Fehler, vor allem in Bezug auf Schloss Bettenburg und Schloss Ditterswind“, erklärt die Gräfin. Ihrer Meinung nach sollte einem Schlossherren „die Lebensqualität wie die Verwobenheit der Häuser und das naturverbundene Leben, aber auch die Aufgaben rund um ein Schloss“ nicht genommen werden.
Momentan lebt die 50-Jährige mit ihrem Mann, ihrer Schwiegermutter und ihren vier Kindern im Schloss: „Ich fühle mich zu Hause hier in Unterfranken und genieße die ruhige Lage des Schlosses.“ Sie geht in ihrer Aufgabe als Schlossherrin vollends auf. „Die Anlage ist eine Art Projekt, an dem man mit Hand und Fuß gebunden ist.“ Das Besondere an Schloss Birkenfeld ist ihrer Meinung nach „der quasi Originalzustand der Anlage“, die von 1738 bis 1754 erbaut wurde. Dank des Engagements der Familie gleicht ein Gang durch die wohnlichen Räume einem Gang durch die Vergangenheit – der einstige ruinöse Bau erscheint wieder als helles und häusliches Schloss.
Für Gräfin Mirjam ist das Leben in einem Schloss nichts Ungewöhnliches. „Eigentlich ist es wie in einem Haus – Sie müssen nur ein bisschen mehr laufen“, sagt die Hausherrin lachend. Im Gegensatz zu vielen anderen Bauten in den Haßbergen ist die Größe von Schloss Birkenfeld noch überschaubar, weswegen fast alle Räume von der Familie zu Ortenburg genutzt werden. „Allerdings dient der zweite Stock mehr repräsentativen Zwecken“, erklärt die Gräfin – im großen Stucksaal beispielsweise finden gelegentlich klassische Konzerte statt. Die Öffentlichkeit kann sich vom neuen Glanz des Schlosses auch bei Führungen überzeugen, die von der Gräfin, vom Grafen oder einem Historiker geleitet werden – „je nach Anforderungen des Publikums“, erklärt die Gräfin lachend.
Für die Schlossherrin ist es keine Frage, dass eines der vier Kinder, die zwischen zehn und 17 Jahre alt sind, das Schloss später einmal übernehmen wird. „Meinetwegen können auch alle hier wohnen bleiben, die Anlage ist groß genug“, sagt Gräfin Mirjam. Als neuer Schlossherr geeignet jedenfalls seien alle vier Kinder. „Es muss nur jemand sein, der dieses Projekt auch mit Herzblut weiter führen und daran arbeiten möchte“, so die Hausfrau abschließend.