Wenige Stunden vor der Vernissage am Dienstagabend legen Mitarbeiter des Naturkundemuseums in der Fleischstraße noch letzte Hand am satt grünen Moosbett an. Schließlich soll sich der darauf niedergelassene Neubürger Bambergs wohlfühlen. Er heißt "Europasaurus holgeri", ist ein Langhals-Dinosaurier und in seinem Ursprung eine echte Rarität: "Wir haben den dritten Skelettabguss, der erste steht in Japan, der zweite in den Vereinigten Arabischen Emiraten", sagt Museumsdirektor Oliver Wings mit einem gewissen Stolz.
Dem Geowissenschaftler, Paläontologen und ausgewiesenen Dino-Experten ist es gelungen, für das im Jahr 1791 gegründete Naturkundemuseum erstmalig ein solches Exponat herbeizuschaffen. Und neben der Schatzkammer seines Hauses, dem berühmten Vogelsaal, ein weiteres Glanzstück aufzubauen. Nämlich einen komplett neu gestalteten Sauriersaal im Eingangsbereich des Museums. Darin überragt der Europasaurus mit seinen gut sechs Metern Länge von der Schnauze bis zur Schwanzspitze und drei Metern Kopfhöhe weitere Kostbarkeiten: nämlich einzigartige Lebendrekonstruktionen des Flugsauriers Balaenognathus aus Wattendorf und im Laufe des Frühjahrs auch ein Stück jurassischen Meeresboden mit über 150 präparierten Ammoniten aus dem Kalksteinbruch Ludwag.

Eine vom Team des Naturkundemuseums exklusiv erstellte Medienstation lädt Besucher aller Generationen dazu ein, in das Europa der späten Jurazeit vor 150 Millionen Jahren einzutauchen. In dieser Epoche war der Kontinent, inklusive Deutschland und Franken, eine schwülwarme tropische Inselwelt, in der Dinosaurier lebten. Auf den kleinen, nahrungsarmen Eilanden schrumpften die Pflanzenfresser durch den evolutionären Prozess der "Inselverzwergung". Auch der Bamberger Europasaurus gehört zu diesen "Zwergen", zu denen Museumschef Wings eine persönliche Beziehung durch ein entsprechendes Forschungsprojekt hat, wie er berichtet.
Oberfränkische Dinos nicht unwahrscheinlich
1998 wurde in einem Kalksteinbruch am nördlichen Harzrand bei Goslar das Original des Skelettabgusses gefunden: "In den dortigen Flachmeerablagerungen im niedersächsischen Becken entdeckte man sogar die Überreste von über 20 Artgenossen", erzählt Wings. Möglicherweise sei dort vor 154 Millionen Jahren eine ganze Herde bei einer Wattwanderung während eines Gewitters von einem Blitzschlag getötet worden. Oliver Wings geht davon aus, dass es Dinos aber nicht nur im Norden gab. Er hält es für gar nicht unwahrscheinlich, dass Europasaurus oder nahe verwandten Arten "auch direkt bei uns in Oberfranken lebten".
Der Museumsdirektor ist dankbar, dass die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB) und eine große Zahl privater Spender den Dino-Erwerb für 54.000 Euro ermöglicht haben. Der Aufwand für eine Präparation sei enorm, so Oliver Wings. Um das Skelett herzustellen, mussten hunderte Knochen unter einem Mikroskop präpariert, dann abgegossen, zusammengesetzt und dann noch koloriert werden: "Das hat mehrere Jahre gedauert."
Doch Wings lässt sich davon nicht abschrecken. Denn er plant, dem erwachsenen Europasaurus ein wenige Wochen altes Baby-Dino beizugeben. Das kleine Exemplar kostet 19.000 Euro: "Dafür sammeln wir weiter Spenden", erklärt Oliver Wings. Und wenn das Geld reicht, erfüllt sich sein weiterer Traum: "Die Lebendrekonstruktion des großen Dinosauriers wäre die Krönung." Zumal es wissenschaftlich fundierte Farbmuster für die Haut des Sauropoden gebe, wie diese Dinosaurier wissenschaftlich bezeichnet werden.