"Höchst professionell" habe die Bande der Versicherungsbetrüger in den zurückliegenden sechs Jahren gearbeitet, sagte Vorsitzender Richter Konrad Dengler. Kopf der Bande scheint der frühere Inhaber eines heute nicht mehr existierenden Autohauses in Ebern gewesen zu sein. Der Mann sitzt noch in Untersuchungshaft. Voraussichtlich Anfang Januar, so Leitender Oberstaatsanwalt Joseph Düsel gestern im Gespräch mit dieser Zeitung, werde ihm der Prozess gemacht.
Etwa 150 Fälle
Rund um den Autohaus-Besitzer scharten sich immer mehr Interessierte, die durch fingierte Unfälle bei ihren Versicherungen den großen Reibach machen wollten. Joseph Düsel geht davon aus, dass über 50 Personen in einer Vielzahl von Prozessen in den nächsten Monaten noch abgeurteilt werden. Die Gesamtzahl aller Fälle wird auf etwa 150 geschätzt, der bei den Versicherungen abgerechnete Schaden hat die Millionengrenze deutlich überschritten.
Der Werkstattbesitzer aus Ebern habe, so die Recherchen der Staatsanwaltschaft Bamberg, am Computer regelrecht die ertragsreichsten Schäden ausgetüftelt, die jeweiligen Beteiligten für den "Unfall" zusammengebracht und dann mit Hilfe von Skizzen alle Beteiligten eingewiesen, wie der Unfall ablaufen soll. Besonders beliebt waren Aktionen, an denen gleich vier Autos teilnahmen. Der hinterste Wagen sicherte die Kolonne vor dem nachfolgenden Verkehr ab, während die drei vorderen Autos aufeinander fuhren. Häufig wurde dann sogar die Polizei gerufen, um die Versicherungen nicht misstrauisch zu machen.
Arzt- und Kurkosten abgerechnet
Auch etwaige Verletzungen wurden bei den Aufpralls mit einkalkuliert. Reihenweise wurden Arztrechnungen, Schmerzensgeld und sogar die Kosten für eine mehrwöchige Kur abgerechnet. Die Schäden an den Autos wurden fast immer vom selben Gutachter untersucht, dann in der Werkstatt in Ebern billigst repariert, aber hoch abgerechnet. Zur Schadensabwicklung beauftragte man Rechtsanwälte, um die Sache bei den Versicherungen zu beschleunigen.
Als erster Angeklagter einer ganzen Latte von weiteren Komplizen stand nun ein 51-jähriger Gastwirt vor Gericht, der in Bamberg und in Ebern Gaststätten betrieb. Seinem umfassenden Geständnis hat der Mann zu verdanken, dass er "nur" für viereinhalb Jahre hinter schwedische Gardinen muss. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von acht Jahren gefordert. Dem Wirt konnten jetzt zehn Fälle von Bandenbetrug nachgewiesen werden, in dem er einen Schaden von 220 000 Euro an seinen Fahrzeugen fingiert hatte.
Bandenmäßig
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Gastwirt zusammen mit weiteren Personen systematisch und arbeitsteilig ans Werk gegangen ist, um verschiedene Versicherungen zu prellen. Die Gruppe war also strafverschärfend als "Bande" anzusehen.
Zusätzlich zur Haftstrafe wurde dem Mann der Führerschein auf drei Jahre entzogen, weil er für das Führen von Fahrzeugen "charakterlich ungeeignet" sei.