Frank Heusinger erinnert sich: "Wir waren damals 400 Bewerberinnen und Bewerber auf acht Ausbildungsplätze. Ich ergatterte einen davon." Heusinger warb während der sechsten Berufsmesse im Friedrich-Rückert-Gymnasium (FRG) am Samstag um Nachwuchs für seine Firma, die AOK. Doch die Zeiten, in denen Firmen oder Behörden die Qual der Wahl bei der Rekrutierung von Auszubildenden hatten, sind vorbei.
Das wird an der Anzahl der Aussteller bei der Berufsmesse deutlich: Über 40 Aussteller drängten sich in der Aula des Gymnasiums, die aus allen Nähten platzte. Handwerk, Industrie, Hochschulen, Behörden wie Polizei und Justiz, Versicherungen oder Ingenieurbüros standen für die Fragen der Schülerinnen und Schüler bereit. In zahlreichen Vorträgen konnten sich die Jugendlichen über Studien- oder Ausbildungsgänge informieren.

"Ihnen steht die Welt offen, aber denken sie an ihre Heimat. Am Schönsten ist es doch bei uns", appellierte Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) zu Beginn der Messe an die Jugendlichen. "Unsere Firmen und Unternehmen spüren den Fachkräftemangel und suchen händeringend nach klugen Köpfen", sagte Landrat Wilhelm Schneider (CSU) und warb in eigener Sache um pflegerisches Fachpersonal für die kreiseigenen Krankenhäuser.
FRG-Schulleiter Martin Pöhner konnte viele ehemalige Schülerinnen und Schüler begrüßen, die nun Werbung für ihren Beruf machten. Pöhner bedankte sich bei den Organisatoren, die ein halbes Jahr lang Vorarbeit geleistet hatten.

Während viele Firmen Schwierigkeiten haben, qualifizierten Nachwuchs zu finden, zeigte sich AOK-Mitarbeiter Frank Heusinger zufrieden. Die Anzahl der Bewerberinnen und Bewerber sei zwar rückläufig, "aber wir finden noch sehr gute Auszubildende", sagte er. "Wir übernehmen die jungen Menschen nach ihrer Ausbildung und bieten so eine Perspektive."
Weniger zufrieden mit der Ausbildungssituation in seiner Firma ist Nico Bögendörfer, angestellt bei der Firma Rösler im Untermerzbacher Ortsteil Memmelsdorf. Im Metallbereich sei es schwierig, Nachwuchs zu rekrutieren. Im vergangenen Jahr konnten hier keine neuen Auszubildenden eingestellt werden. Besser sieht es im kaufmännischen Bereich aus. Bögendörfers Kollege Tim Wolf, derzeit im zweiten Ausbildungsjahr zum Industriekaufmann, sieht die Lage derzeit als stabil an. Es werde jedoch langfristig immer schwieriger, Nachwuchs zu finden, meint er.

Eine Ausbildung in der Industrie kommt für Vyara Ivanova aus Ebern nicht in Frage. Die gebürtige Bulgarin, die in Ebern wohnt, besucht derzeit die zwölfte Klasse des Friedrich-Rückert-Gymnasiums. Nach dem Abitur will sie Architektur studieren. Sie wollte sich aber auf der Berufsmesse umschauen und "mal sehen, ob auch ein Handwerksberuf in Frage kommt".
Victoria Crazidlo aus dem Itzgrund hat ihr Abi bereits seit dem letzten Jahr in der Tasche. Sie studiert Pädagogik in Bamberg, wollte sich aber durch den Messebesuch einen Einblick in andere Berufe in Handwerk und Industrie verschaffen. Die Arbeit mit Menschen sei jedoch eher ihr Ding, sagte sie. Sie sei darin bestätigt worden, dass ihr eingeschlagener Weg der richtige sei.

Die 18-jährige Elise Kluge aus dem Itzgrund macht in diesem Jahr ihr Abitur. Danach will sie Politikwissenschaften studieren und dann eventuell als Journalistin arbeiten. Auch ein Freiwilliges Soziales Jahr komme in Betracht.
Die 17-jährige Charlotte Käb ist hingegen noch unentschlossen. Sie interessiert der soziale Bereich. Die Berufsmesse bot ihr, wie auch vielen anderen Jugendlichen, eine Gelegenheit, ihren Berufswunsch stärker einzugrenzen.