So ziemlich genau sein halbes Leben lang tritt der Haßfurter Peter Schmieder vor Publikum auf, an das erste Mal kann er sich noch gut erinnern: 2002 gab es in Haßfurt noch ein Irish Pub in der Brückenstraße, wo er zu einer Klassenfeier seine Gitarre mitgebracht und ein paar Lieder zum Besten gegeben hatte. Das imponierte der Wirtin, sie verpflichtete den gerade 18-Jährigen zu einem ersten Konzert wenige Wochen später. Jetzt hat Schmieder unter seinem Künstlernamen Pete Smith seine erste CD herausgegeben. „Caledonia“ heißt sie, wie der berühmteste Song seines großen Vorbildes, des schottischen Folkmusikers und Komponisten Dougie MacLean.
„Caledonia“, die heimliche schottische Nationalhymne, ist auch auf der CD enthalten, gecovert von Pete Smith wie die 15 weiteren Titel, von „Black is the Colour“ bis zu „Queen of Argyll“ – ein Sammlung bekannter und weniger bekannter Folksongs.
„Im Folkbereich bin ich reiner Covermusiker“, bekennt Schmieder, der auch in der Rockmusik unterwegs ist und hier durchaus mit eigenen Kompositionen. In der Region hat er sich inzwischen aber vor allem einen Namen als Interpret schottischer und irischer „Volksmusik“ gemacht. Daran, eine eigene CD herauszugeben, habe er lange nicht gedacht, sagte Schmieder im Gespräch mit dieser Redaktion, der er auch selbst angehört: Der studierte Historiker ist Redakteur der Main-Post. Als Musiker wolle er eigentlich den Freunden des Folks die Gelegenheit bieten, die geliebten Songs live zu hören. „Bei meinen Auftritten bin ich aber immer wieder gefragt worden, ob es meine Lieder nicht zu kaufen gibt.“
2017 reifte dann der Entschluss, in ein Tonstudio zu gehen und Aufnahmen zu machen. Jetzt liegt sein erstes Album vor, das er am 22. Februar vor großem Publikum im Haßfurter Weinhaus Schaffner vorstellte. Mehrere hundert Stück hat Pete Smith in Auftrag gegeben, und bei der Präsentation gingen die Tonträger weg wie warme Semmeln. „Aber das ist bei so einer Veranstaltung normal“, meint der Künstler. „Wie der Verkauf läuft, wird sich bei den nächsten Konzerten zeigen“.
Schmieder ist durchaus ein Wagnis eingegangen, die Kosten für die Aufnahmen und Produktion der CD liegen im vierstelligen Bereich. Auf der Investition möchte er ungern sitzen bleiben. Ansonsten aber ist „Caledonia“ vor allem Ausdruck seiner großen Leidenschaft für die traditionelle Musik Schottlands und Irlands. Und seiner Liebe zu den britischen Inseln insgesamt. Entflammt ist sie, als er gerade zehn Jahre alt war und seine Familie mit ihm Urlaub in Irland machte, im Folgejahr in England und dann in Schottland. „Als ich angefangen habe, in der Schule Englisch zu lernen, wollten meine Eltern mir wohl beweisen, welchen Vorteil es hat, Fremdsprachen zu sprechen.“ Daneben berührten den Jugendlichen damals schon die Schönheit der Landschaft und die Freundlichkeit der Menschen. Heute ist der 35-Jährige nicht nur ausgewiesener Kenner der Folkmusikszene auf den britischen Inseln, sondern auch ihrer Geschichte und ihrer Kultur. Für ihn ist das eine wichtige Voraussetzung, die Musik, die er macht, überhaupt zu verstehen. „Folk ist viel mehr als ein von einer sanften Frauenstimme gesungenes und einer Harfe begleitetes Liebeslied oder die irischen Trinklieder“, weiß Pete Smith. Viele Volkssongs setzten sich auch mit politischen und sozialen Themen auseinander. „Es ist gerade die textliche Vielfalt, die den Reiz ausmacht.“ Schmieder spricht von einer jahrhundertealten Liedtradition, die bis heute fortgesetzt werde – anders als in Deutschland. „Auch bei uns gibt es wunderschöne alte Volkslieder, aber kaum mehr jemand, der sie interpretieren will, und auch kein Publikum dafür.“
„Ich bin ja kein Opernsänger“
Die Zeit seiner ersten Reise nach Irland fiel in jene Phase, als er neben dem Klavierunterricht auch das Gitarrenspiel erlernte – womit er sich eine weitere wichtige Grundlage für sein Musikerleben schuf. Gesangsunterricht oder Stimmbildung indes hatte Pete Smith nie. „Ich finde, das ist nicht nötig, ich bin ja kein Opernsänger“, sagte er am Dienstag. Will heißen: In seinem Metier zählt in erster Linie die Authentizität des Gesangs.
Zudem wollte der Schüler und Student Peter Schmieder lieber in Bands auftreten und nicht vorzugsweise als Solokünstler, wie er heute unterwegs ist. „Nicht, weil ich mich allein nicht getraut hätte, sondern wegen der Geselligkeit.“ Er musste aber feststellen, dass es schwierig ist, gemeinsame Termine für Proben und Auftritte zu organisieren, weswegen alle seine Bandprojekte schließlich irgendwann scheiterten.
Dass er dann bewusst in eine Solokarriere startete, hat auch mit seiner Festanstellung als Redakteur seit 2014 zu tun: Sie bringt Sonntags- und Feiertagsdienste und Abendtermine mit sich, die eine Abstimmung mit Musikerkollegen noch schwieriger machen würde. Zumal da ja noch seine Lebensgefährtin Eva ist, die auch etwas von ihm haben will, aber selbst beruflich eingespannt ist. Das macht die gemeinsame Zeit rarer und umso kostbar, „auch wenn Eva bei den meisten Konzerten dabei ist und mich dabei unterstützt, wo immer sie kann.“
Wie viele Engagements Pete Smith in den letzten fünf Jahren bestritten hat, vermag er nicht zu sagen, weit über hundert waren es in jedem Fall: Der Haßfurter hat sich in der fränkischen Folkszene ein exzellente Image geschaffen. Was auch bedeutet, dass er seinen Preis hat, wenn ihn jemand verpflichten will, egal ob für einen offiziellen Anlass oder eine private Feier. „Wenn Du gebucht werden willst, brauchst Du einen Namen. Und um den Namen zu bekommen, brauchst Du einen Veranstalter, der dir die Chance gibt, aufzutreten.“
Der Ort von Schmieders CD-Präsentation war nicht zufällig gewählt: Bei ihm war es das Weinhaus Schaffner in Haßfurt, das sich seit geraumer Zeit parallel zum Kerngeschäft zur Kulturbühne entwickelt. Und hier überzeugte Schmieder das Publikum bei Veranstaltungen rund um das Thema Whisky mit dem passenden musikalischen Rahmen. Was sich dann schnell herumsprach, nicht nur bei den Fans von Folk und dem britischen Inselreich, sondern auch bei anderen Akteuren mit ähnlichen Fables: Etwa dem Bamberger Krimiautor Thomas Kastura, selbst großer Liebhaber von Schottland, wo sein unter dem Pseudonym Gordon Tyrie erschienener Thriller „Todesströmung“ spielt. Mit der Kombination Lesung und Musik haben Kastura und Schmieder inzwischen manches Abendprogramm bestritten, egal ob in Haßfurt oder Fürth. Dank seiner Prominenz muss Pete Smith inzwischen keinem Veranstalter mehr hinterherlaufen und erzielt doch mit seiner Musik einen „ordentlichen Nebenverdienst.“
Viele Lieder sind totgespielt
Mit seiner ersten CD hätte es sich der Haßfurter Musiker indes leichter machen können. Wenn es sich nicht gerade um ausgewiesene Kenner handelt, ist unter den deutschen Folkliebhabern (abgesehen vom US-Folk etwa von Bob Dylan) vor allem die irischen Volksmusik bekannt. Die Band schlechthin, mit deren Namen Irish Folk verbunden ist, sind die Dubliners. Die Mehrzahl der Deutschen über 30 dürfte sie kennen. „Ich bin ein großer Fan von ihnen und habe sie mehrmals live erlebt“, sagt Pete Smith über die 1962 gegründete und inzwischen aufgelöste Formation. „Aber viele ihrer Lieder sind inzwischen einfach totgespielt“.
So hat er sich entschieden, seinen ersten Tonträger mit Ausnahme zweier englischer Songs dem hierzulande unbekannteren Schottischen Folk zu widmen. Mit dabei sind Traditionals wie „Loch Lomond“ oder „Scarborough Fair“, hinzu kommen die Vertonungen unbekannter Komponisten von Texten des schottischen Nationaldichters Robert Burns oder eben moderne Lieder wie „Wild and Windy night“ seines Idols Dougie MacLean.
„Yes, I'm still alive“
Den hat Pete Smith übrigens in dessen Heimatort Dunkeld persönlich kennen gelernt. Hier auf „heiliger Erde“ ist Schmieder im vergangenen November bei einem Folkfestival aufgetreten und hat sein Publikum auf einen Umstand aufmerksam gemacht, den er auch in Deutschland nie unerwähnt lässt: Nicht jeder Folk-Song ist ein Traditional. Auch wenn man es kaum glauben mag: Mancher, der so einen schönen Song geschrieben hat, wie ihn die Fans gerade hören, lebt noch immer. Als Pete das – natürlich auf Englisch – gesagt hatte, stand MacLean im Publikum auf und rief: „Yes, I'm still alive“ (Ja, ich lebe noch). Später folgte eine angeregte Unterhaltung zwischen dem schottischem Songschreiber und seinem deutschen Interpreten.
Peter Schmieder hat DougieMacLean übrigens eine CD zugeschickt. Noch hat er keine Reaktion von ihm erhalten, Smith vermutet, dass der Schotte auf Tournee ist und wenig Zeit für anderes hat. Vielleicht wird MacLean ein wenig darüber schmunzeln, dass auf dem CD-Cover eine Dampflok, der „Flying Scotsman“, abgebildet ist. Warum, könnte sich „Dougie“ fragen. Und würde dann von Peter Schmieder erfahren, dass er nicht nur leidenschaftlicher Musiker, sondern auch begeisterter Eisenbahn- und Modellbahnfan ist. Und er einen guten Grund hat, die weltberühmte Lok als „Titelbild“ zu nehmen. Vielleicht könnte aus der Eisenbahnlegende eines Tages sogar ein eigener Folksong werden. Wenn nicht in MacLeans Repertoire, so doch möglichweise auf Pete Smith' CD zwei oder drei.
Wer Pete Smith live erleben will, hat dazu die nächste Gelegenheit am Freitag, 15. März, in der Brauereigaststätte Göller in Zeil, Beginn 19.30 Uhr. Geboten ist eine gemeinsame Veranstaltung Lesung und Musik mit dem Schriftsteller Thomas Kastura. Karten gibt es im Vorverkauf bei der Postagentur Zeil und beim Haßfurter Tagblatt, Brückenstraße 14, 97437 Haßfurt, Tel. (0 95 21) 17 14.
Es folgt ein irischer Abend am Samstag, 23. März, um 20 Uhr in der Gastronomie am Großen Anger in Haßfurt. Der Eintritt ist frei, Tischreservierungen unter Tel. (0 95 21) 61 06 71.